"Dickschiff-Reise" 
in den Nordwesten Polens

Die Anreise über Berlin zur Halbinsel Hel
 


20. August 2004

Kaum zu glauben: Wir sind unterwegs Richtung Nordosten. Bis gestern stand es noch in den Sternen, ob wir fahren können. Immer jet anderes, wie der Rheinländer so sagt.

Am vergangenen Wochenende wollte Günther Susi, Moritz und mich mit dem Womo von Rügen abholen. Samstagmorgens um 9, wir kamen gerade vom Frühstück, klingelt mein Handy. Die klagende Stimme meines Liebsten dringt an mein Ohr: Ich bin in Wismar mit dem Womo liegen geblieben, warte auf den ADAC. - Nein, nicht schon wieder!!!! Doch mein Flehen verhallt im Ostseewind. Doch, wohl schon wieder. The same procedure as last year. Splügen lässt schön grüßen.

Das Schreckensszenarium in Stenoform:

  • ADAC schleppt Hiram von Autobahn

  • Abschleppwagen bringt ihn nach Wismar in eine Ford-Werkstatt

  • Vorläufige Diagnose: Patient leidet an Getriebeschaden.

Sag ich’s doch: The same procedure...

  • Werkstatt kennt sich mit US-Motoren nicht aus, Hiram muss nach Heimerzheim zu TSL

  • Günther bekommt ein ADAC-Clubmobil

  • Susi, Moritz und Gabi quetschen sich mit Buggy, Maxicosi, 101 Strandutensilien,  Spielsachen, Koffern und was-weiß-ich-sonst-noch in Susis Cabrio und fahren Richtung Wismar

  • Treffen auf einem Rastplatz platzt (nettes Wortspiel),  Günthers Handyakku leer, schöne Sch...  Wo isser jetzt?

  • Günther meldet sich von einer Telefonzelle, neues Treffen wird ausgemacht

  • Endlich wieder vereint! Wie bei John Maynard: Alle gerettet, nur einer fehlt - unser armer Hiram, der einsam und geschädigt in Wismar steht, nein, liegt (hört sich dem Elend entsprechend besser an).

  • Moritz reagiert auf die beschissene Situation folgerichtig mit einer vollen Windel, die sogleich entsorgt wird. 

  • Wir fahren in Kolonne weiter. Gabi und Moritz leisten dem trostbedürftigen Opa Gesellschaft, Susi fährt im Cabrio weiter.

  • Später Wechsel: Moritz braucht die Mama, Oma darf Cabrio fahren

  • Gabi hat eine Idee: Wir übernachten in Hamburg, dann haben wir wenigstens alle noch einen schönen Nachmittag und Abend in Övelgönneam Hamburger Strandund so war’s denn auch.

  • Hiram wird am Montag abgeschleppt, kommt Dienstagmorgen in Heimerzheim an, auch dort lautet die Diagnose: Getriebeschaden

  • Dienstagnachmittag fahren Günther und ich das kranke Organ unseres armen Hiram nach Heerlen / Holland in die Klinik, respektive Werkstatt, die uns dieses lädierte Teil nach dem Splügen-Debakel geliefert hat

  • Mittwochabend ist das Getriebe repariert

  • Donnerstagmorgen wird es von TSL abgeholt und eingebaut

  • Donnerstagabend haben wir unseren lieben Hiram endlich wieder

  • Freitagnachmittag um 4 starten wir in den Urlaub

Wer hätte das letzten Samstag gedacht? Wir jedenfalls nicht.

Das Glück ist uns aber auch heute nicht so ganz gewogen. 2 ½ Stunden stehen wir jetzt ein gutes Stück vor Hannover im Stau, sind in der Zeit gute 15 Kilometer voran gekommen. Morgen um 12 wollen wir in Berlin sein...

21. August 2004

Bis 0.15 Uhr sind wir gefahren, in Walle, einem kleinen Ort nördlich von Braunschweig haben wir die Nacht  sehr ruhig verbracht. Morgens um 6.30 Uhr werden wir von prasselndem Regen geweckt. Hardys Oma scheint wohl noch nichts von unseren Reiseplänen zu wissen...

Um 8.10 Uhr sind wir on the road again. Es hat aufgehört zu regnen. Na, bitte. Bei Marienborn sehen wir noch alte DDR-Wachtürme. Hier sind wir mal über die „Zonengrenze“ gefahren (Gedenkminute an eine Berlin-Klassenfahrt 1988 mit meiner vorletzten Klasse – zwei Stunden Warten mit 60 Schülern, weil unser Busunternehmen einen nicht vom TÜV abgenommenen Zusatzsitz eingebaut hatte...).

Hinter Magdeburg überqueren wir die Elbe, die hier ein beschauliches Flüsschen ist – wenn man bedenkt, dass sie bei Cuxhaven einen Mündungstrichter von 15 Kilometern Breite bildet. Die Autobahn ist bestens ausgebaut, keine Belagschäden weit und breit. Bei unserer letzten Masurenreise haben wir schon hier Angst um unsere Tassen im Schrank (ich meine die aus Porzellan) gehabt. Dat hammer all bezahlt, wir Wessis, meint mein Gemahl! Recht hat er, aber es hat sich auch gelohnt, denke ich mir. Es ist doch ein großes Glück, dass diese wunderschönen Landschaften wieder zu „unserem“ Deutschland gehören.  Wenig später durchqueren wir das Havelland. Der Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland wird zitiert – ein paar Verszeilen sind der Zellalterung aber leider zum Opfer gefallen. Sorry, sehr verehrter Herr Fontane.

Bei Sonnenschein nähern wir uns um 10 der Bundeshauptstadt. Laut Reiseplan treffen sich alle RMC-ler um 12 Uhr auf dem Spandauer Reisemobilstellplatz, wir sind also gut in der Zeit. Kurz vor 11 fahren wir auf das großzügig  angelegte Stellplatzgelände, aber unsere Freunde sind leider bereits auf einer Sightseeing-Tour mit einem gemieteten Kleinbus. Wir sind zugegebenermaßen ein bisschen enttäuscht, lassen uns aber davon nicht den Tag verderben.

Reisemobilhafen Berlin,Streitstraße 86, Tor West, 13589 Berlin

Telefon 0 30/35 50 60 74 Fax 0 30/33 50 48 76

Anfahrt: A 10 bis Abfahrt Falkensee (Nr. 28). Geradeaus bis Kreisverkehr Falkenseer Platz, an der dritten Ausfahrt in Neuendorfer Straße einbiegen. Geradeaus, bis ein Reisemobilschild das Abbiegen nach links in das Kasernengelände signalisiert. Geradeaus fahren, bis am Ende des Areals links der Stellplatz auftaucht.

Wir essen einen Happen und machen uns dann ebenfalls auf in die Hauptstadt, die wir vor zwei Jahren zum letzten Mal besuchten.

Wenn man den Platz durch den Ausgang an der Rezeption verlässt, wendet man sich nach rechts und läuft nur eine kurze Strecke bis zu einer Bushaltestelle. Mit der Linie 145 kommt man in gut einer halben Stunde bis zum Bahnhof Zoo.  Dort steigen wir in die Linie 100, die in Abständen von 10 Minuten kommt und alle Sehenswürdigkeiten Berlins anfährt – sozusagen die Sightseeing-Linie Berlins.

Die berühmte Linie 100

Am Prenzlauer Berg beginnt die Sightseeing-Tour (man kann natürlich auch an jeder anderen Haltestelle der 100 einsteigen und die Tour von dort beginnen). Man fährt vorbei am schönen Friedrichshain mit seinem Märchenbrunnen, passiert den Alexanderplatz vorbei, die Marienkirche, den Palast der Republik, den Dom, etwas abseits das Rote Rathaus, dann die Neue Wache, den alten Fritz, die Oper. Man fährt durch das Brandenburger Tor und sieht einen Teil des Potsdamer Platzes, die Siegessäule, den Zoo und die Gedächtniskirche.

Gedächtniskirche Siegessäule Westportal d. Reichstagsgebäudes
Reichstagsgebäude Brandenburger Tor
Nikolai-Kirche Funkturm spiegelt sich
in der Fassade des Republikpalastes

Funkturm und Kuppel des Berliner Doms

Flohmarkt an der Museumsinsel

In der Strandbar Mitte

Am Alexander-Platz steigen wir aus, weil wir einen Abstecher ins Nikolai-Viertel machen wollen. Wir schlendern erst einmal über einen Flohmarkt vor dem Fernsehturm und von dort an der Nikolai-Kirche (um 1230 errichtet) vorüber an die Spree, wo wir im strahlenden Sonnenschein in einem der hübschen Lokale sitzen und etwas gegen den quälenden Durst tun. Von dort spazieren wir entlang der Spree zum Berliner Dom (der 1536 gestiftete Dom südlich des Schlosses wurde 1747 abgerissen und durch einen neuen Bau im Norden des Schlosses ersetzt. Dieser Dom wurde 1747–1750 durch Johann Boumann d. Ä. nach einem Entwurf Georg Wenzeslaus von Knobelsdorffs errichtet und 1816–1822 von Karl Friedrich Schinkel klassizistisch umgebaut).

Wir statten dem Dom einen ehrfürchtigen Besuch ab (ich bin ein Fan von diesem Bau!), werfen einen Blick auf den Palast der Republik, der mit all seinem Asbest noch immer da steht und hässlicher denn je aussieht und schlendern von dort Richtung Pergamon Museum, wo einer der schönsten Flohmärkte Berlins sich mit vielen Ständen voller Kunstgewerbe entlang der Spree schlängelt. Für Sabine fotografiere ich einen Stand mit wunderschönen Fensterbildern und Türeinsätzen in Bleiverglasung. Das könntest du auch, Sabinchen!

Am Bode-Museum überqueren wir die Brücke über die Spree und entdecken links der Brücke ein Strandcafé – schneeweißer Sand, Palmen, Liegestühle – Karibik-Feeling mitten in Berlin. Da müssen wir hin! Bei einem Bier und – was sonst – Caipirinha liegen wir am Strand, lassen uns bräunen und genießen den Urlaubsbeginn. Weiße Dampfer ziehen an uns vorüber mit winkenden Menschen, wir winken zurück, Ehrensache.

Mühsam reißen wir uns vom Berliner Strandleben los und spazieren langsam zurück zum Alex, um dort erneut in die Linie 100 zu steigen, die uns über den Potsdamer Platz (wir erinnern uns, wie es da vor kurzem noch aussah, und können nur staunen) zurück zum Bahnhof Zoo bringt. Von dort nehmen wir den Bus nach Spandau zum Reisemobilhafen.

Als wir auf dem Stellplatz ankommen, sind unsere Freunde da, und die etwas verspätete Begrüßung erfolgt mit lautem Hallo. Den Abend verbringen wir in fröhlicher Runde unter dem Sternenhimmel Berlins.

 

22. August 2004

Pünktlich um 10 fahren wir in Kolonne vom Reisemobilstellplatz. Die Sonne strahlt, der Herr Präsident hält eine Ansprache und wünscht dem Unternehmen Masuren einen guten Verlauf. Das hätte er nicht tun sollen... 300 m hinter dem Stellplatz fahren Günther und Peter zum Tanken. Günther stellt fest, dass unser Hiram Kühlwasser verliert, Peters Womo kann auch das Wasser nicht halten – bzw. den Diesel, der beim Tanken munter wegfließt, jedoch eher nicht in den Tank, wo er eigentlich hin sollte. 

Kurzerhand beschließen wir, zurück zum Stellplatz zu fahren und erst einmal die Autos zu reparieren. Alle Männer sind in ihrem Element, teils mit Blaumännern angetan liegen sie unter den Womos oder umstehen sie mit fachmännischen Mienen. Die RMC-Damen trinken derweil Sekt, sitzen in der Sonne und erfreuen sich an ihren fleißigen Männern.

Um 14 Uhr ist endlich alles paletti, unser Präsident hat alle Probleme beseitigt. Was täten wir nur ohne unseren Hardy? Er meint, dann hätten wir ¢nen anderen.

Mit einer nicht ganz unerheblichen Verspätung starten wir dann unsere für heute geplante Tagesroute, die uns bis an die polnische Ostseeküste führen soll. Mal sehen, ob wir das heute noch schaffen (wenn wir an der Grenze in Pomellen nicht zu lange stehen, könnte es eigentlich noch klappen).

Route 1  Entfernung:  292,5 Kilometer

BERLIN STELLPLATZ BIS DZIWNÓWEK

Durch herrliche Mischwälder fahren wir erst durch das Havelland mit seinen kleinen romantischen Seen und Kanälen und dann durch die Uckermark. Die von der Eiszeit geprägte Landschaft wird vorwiegend landwirtschaftlich genutzt und  verfügt über gute Böden für den Weizen- und Zuckerrübenanbau.

Einige Kilometer vor der polnischen Grenze rumpelt es unter unseren Rädern furchterregend. Alles was fest ist, wird jetzt locker, meint der Präsident. Also Zähne festhalten, liebe Prothesenträger!

Um 16.10 Uhr passieren wir bei Pomellen die Grenze nach Polen ohne jeglichen Stau (es ist Sonntag, und daher ist weit und breit kein LKW auf der Straße). Gleich hinter dem Grenzübergang gibt es eine Tankstelle, wo man auch Gas tanken und seine Euros in Zloty umtauschen kann. Währungseinheit in Polen ist der Złoty (Zl), der in 100 Groszy unterteilt ist.

Pommersche Flagge

Wir sind nun in Pommern, das laut Kinderlied abgebrannt ist, aber das ist beruhigenderweise schon lange her – Maikäfer gibt’s ja auch fast nur noch im deutschen Liedgut. Es gibt übrigens ein wunderschönes Pommernlied, dessen Melodie geklaut ist von dem schönen Lied "Freiheit, die ich meine".

Das Landschaftsbild der Uckermark setzt sich anfangs hinter der Grenze fort und geht dann über in eine malerische Heidelandschaft, das Naturschutzgebiet der Puszcza Bukowa (Buchheide). Auch das Rumpeln geht über weite Strecken weiter. Wir überqueren einen der vielen Oderarme, die sich um Stettin herum tummeln. Rund um Stettin gibt es viel Wald, überwiegend Kiefernwald, der den Stettiner Komponisten Leon Jessel wohl zu seiner Operette „Das Schwarzwaldmädel“ angeregt hat. Auch Heinrich George, der große Schauspieler, Vater unseres sexy Götz George, war ein Stettiner Kind, ebenso wie Alfred Döblin (bekanntester Roman: Berlin Alexander Platz) und Sophie Auguste von Anhalt-Zerbst, die als Katharina die Große, Zarin von Russland, in die Geschichte einging.

Pommern (polnisch Pomorze), ehemalige preußische Provinz an der Ostsee. Nach der Niederlage des Deutschen Reiches im 2. Weltkrieg wurde Pommern geteilt mit der Oder als Grenze zwischen beiden Regionen. Das Gebiet westlich der Oder war Teil der Sowjetischen Besatzungszone (der späteren DDR 1949-1990). Seit der deutschen Wiedervereinigung im Jahre 1990 gehört das Gebiet zum Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Das Gebiet östlich der Oder, das den größten Teil Pommerns umfasst, wurde der polnischen Verwaltung unterstellt. Im Rahmen des Warschauer Vertrags (1970) wurde das Gebiet offiziell als polnisches Staatsgebiet anerkannt.

Während des Mittelalters bezeichnete man mit dem Begriff Pommern das Gebiet an der Ostseeküste zwischen Weichsel und Oder, das um 600 n. Chr. von slawischen Stämmen besiedelt worden war, die das Land Pomorje („Küstenland”) nannten. Nachdem das Gebiet vom Deutschritterorden erobert worden war, verschob sich die Grenze allmählich nach Westen. Der Bereich westlich der Weichsel und nördlich der Netze, die so genannten Pomerellen, fiel an Polen. Im Rahmen des Westfälischen Friedens (1648) wurde Pommern zwischen Brandenburg und Schweden aufgeteilt. Brandenburg (nach 1701 das Königreich Preußen) fiel 1720 ein Teil des schwedischen Pommerns zu, 1772 schließlich erhielt es die Pomerellen. 1815 wurde auf dem Wiener Kongress Pommern unter preußische Verwaltung gestellt.

Stettin (polnisch: Szczecin), die  Hauptstadt der Woiwodschaft Szczecin, liegt beiderseits der unteren Oder und 25 Kilometer südlich der Mündung der Oder in das Stettiner Haff. Es ist mit dem Vorhafen Swinoujscie (Swinemünde) an der Pommerschen Bucht heute der bedeutendste polnische Ostseehafen. Westlich der zahlreichen Oderarme liegt das Stadtzentrum, östlich der Oder beim Stadtteil Dabie (Altdamm) das Hafen- und Gewerbegebiet mit zahlreichen Betrieben für Schiffbau und -reparatur. Stettin ist heute das industrielle Zentrum von Nordwestpolen mit vielen Betrieben für Maschinenbau, Eisenerzverhüttung, Baustoff-, Kraftfahrzeug-, Papier- und chemischer Industrie.

Wir lassen Stettin westlich liegen und setzen unsere Fahrt fort in nördlicher Richtung durch weite Waldgebiete, Richtung Swinemünde. Am Straßenrand sitzen gelegentlich Männer, Frauen und Kinder, die Waldbeeren und Pfifferlinge verkaufen. Kleine, beschauliche Örtchen, umgeben von Heideland und Feldern bieten dem Auge genügend Abwechslung. Es ist eine wirklich genussreiche Fahrt, und das Wetter ist so schön, dass ich gerade sehr liebevoll unserer Oma Olga gedenke (Hardy entschuldige, dass ich sie zu „unserer“ Oma gemacht habe, ich glaube, sie hat nichts dagegen).

Über die Insel Wolin (links von uns können wir auch einen kurzen Blick auf das Stettiner Haff werfen) mit ihrem sehenswerten Nationalpark, den wir durchqueren, gelangen wir an die Ostsee.

Woliński, Wolliner Nationalpark, im Mündungsgebiet der Oder in der Nähe von Stettin. Der Park wurde 1960 gegründet und umfasst eine Fläche von 48 Quadratkilometern. Er dient vorwiegend der Erhaltung der markanten Küstenlandschaft und der ursprünglichen Lebensgemeinschaften mit vielen seltenen Pflanzen und Tieren. Bestimmendes Landschaftselement sind die mehr als 100 Meter steil zur Ostsee abfallenden Moränen (so genannte Stirnmoränen). Diese sind überwiegend mit Buchenwäldern und verschiedenen Mischwäldern aus Buchen, Eichen und Waldkiefern bedeckt. Zu den seltenen Pflanzen des Gebiets gehören Sanddorn und Rotes Waldvögelein (eine Orchideenart, Cephalanthera rubra). Im Parkgebiet kommen zahlreiche Vögel vor, darunter Seeadler, Fischreiher und Schwarzstorch.

Nach einer kleinen Suchaktion (weil die Ortsbeschreibung nicht nur schlecht, sondern schlicht falsch war - als Ort war Dziwnów, das vor Dziwnówek liegt, angegeben), finden wir den anvisierten Campingplatz Bialy Dom in Dziwnówek.

Es gibt hier eine Reihe von Plätzen, die jedoch - bis auf den ersten (Nr. 96), den wir zwischen den Ortschaften Wiselka und Miedzywodzie links der Straße 106 gesehen haben (großer, freundlicher Wiesenplatz am Rande eines Kiefernwäldchens, gleich hinter den Dünen), aus unterschiedlichen Gründen nicht für uns in Frage kommen.

Anschrift:

Camping Bialy Dom
ul. Kamienska 11-12
PL 72420 Dziwnowek

Homepage: http://campingbialydom.com/

Telefon:

0048-(0)91-3811171

Telefax:

0048-(0)91-3811446

Anfahrt PKW:

landeinwärts der Düne, am Ortsrand - Richtung Ortsausgang, in Dziwnówek beschildert.

Nächster Ort:

0,15km.

Haltestelle ÖPNV:

0,3km.

Eigenschaften:

Ganzjährig geöffnet, ebenes Gelände im Kiefernhochwald. Der Platz ist vom ADAC ausgezeichnet worden. Die sanitären Anlagen sind vorbildlich. Er liegt hinter der Düne direkt am Strand, zu dem man über Treppen (durch zwei Tore, für die man einen Schlüssel bekommt) gelangt.

Wir sind hungrig und wollen essen gehen, aber das stellt sich als etwas schwierig heraus. Rund um unseren Platz gibt es zwar jede Menge Imbissbuden, aber kein normales Restaurant. Die Besitzerin unseres Campingplatzes (sie hat ein schlechtes Gewissen, weil unsere Reservierung in irgendwelchen ominösen schwarzen Löchern im polnischen Telefonnetz verloren gegangen ist - sagt sie - und irgendwelche bösen Menschen uns einen falschen, sprich niedrigeren,  Preis genannt haben - sagt sie) fährt uns in zwei Fuhren und übereinander gestapelt nach Dziwnow, wo es ein gutes Restaurant gibt. Dort essen wir dann sehr lecker und preiswert.  

Zurück fahren wir wieder mit Frau „Bialy Dom“. In der Campingkneipe gibt’s einen Absacker, bevor wir schlafen gehen. Günther und ich machen noch einen Strandspaziergang unter einem geradezu unglaublichen Sternenhimmel. Gleich über uns steht unser Freund, der Große Wagen, sozusagen der Sternpatron aller Wohnmobilisten. Ich kann gar nicht aufhören, immer und immer wieder in die Wellen zu laufen, bis Günther mich ausbremst und zum Heimgehen animiert. Er ist müd’ - sagt er - und hat ein wenig Gleichgewichtsprobleme - sagt seine Frau.

23. August 2004

Am Morgen übergeben wir unsere Körper erst einmal bei strahlendem Sonnenschein den Wellen der Ostsee. Das Wasser ist angenehm temperiert und erfrischt wunderbar. Über uns fliegen Wildgänse in Formation gen Süden, Verwandte von Ulla und Hardy.

Mir nach, ruft kleines Gabi und schreitet mutig voran...

Um 10 fährt die Karawane weiter. Unsere Route führt heute über Kolberg bis zur Halbinsel Hel an der Danziger Bucht.

Route 2     290,8 Kilometer

DZIWNÓW BIS HEL

Die Straße 102 führt uns durch eine beschauliche Landschaft, wir durchqueren kleine Dörfer und das Städtchen Trzebiatow (Treptow) am Flüsschen Rega, das aus einem Burgflecken im 12. Jh. entstand und im 14. Jh. der Hanse beitrat. Der Marktplatz, den wir passieren, ist umstanden von hübschen kleinen barocken und klassizistischen Bürgerhäusern und einem barocken Rathaus. In der Mitte steht das Rathaus von 1700. In der spätgotischen Heilig-Geist-Kapelle wurde 1535 die Einführung der Reformation für ganz Pommern beschlossen. Die imposante Marienkirche ist eine Hallenkirche (14. Jh.) mit einem schönen Sternengewölbe aus dem 15. Jahrhundert.  In Treptow wirkte Johannes Bugenhagen, der in Wittenberg der persönliche Seelsorger Martin Luthers war, einige Zeit als Lektor an der Ratsschule.

 

Marktplatz von Treptow

Erste Station unserer heutigen Reiseetappe ist Kolberg (Kolobrzeg), wo wir uns Richtung Port halten. Auf einem bewachten Parkplatz (1 Std. = 5 Zl) stellen wir unsere  Womos ab und spazieren durch eine Allee zur Strandpromenade. Am Strand von Kolberg tummeln sich die Sonnen- und Wasserhungrigen und die Flaneure. Wir spazieren auf der Promenade bis zum Leuchtturm, der seit nunmehr 300 Jahren auf den hübschen kleinen Hafen hinabschaut.

Kolberg, Stadt mit einer bewegten Geschichte, seit 1000 Bischofssitz, 1255 Stadtrechte, bald darauf Mitglied der Hanse. Den Reichtum Kolbergs begründete das Salzsieden und der Salzhandel (bis Anfang 19. Jh., dann wurde die Salzsiederei eingestellt, weil die britische und mitteldeutsche Konkurrenz zu stark wurde). Im 19. Jahrhundert wurde es eine Kurstadt, die schon vor dem 1. Weltkrieg europaweit einen hervorragenden Ruf hatte.

Seit den 1970er Jahren wird auch die Heilkraft der umliegenden Moorvorkommen genutzt.

Kolberg wurde häufig zerstört: Im 30jährigen Krieg zum ersten Mal, dann wurde es eine Festungsstadt, die während des 7jährigen Krieges (1756-63) wiederum zerstört wurde. 1807 war es dann an Napoleon, die Stadt erneut zu verwüsten. Die furchtbarsten Gefechte erlebte Kolberg jedoch am Ende des 2. Weltkrieges. Am 18. März 1945 endete die nationalsozialistische Herrschaft mit der Einnahme Kolbergs durch die Russen und Polen.

Kolberg ist übrigens auch bekannt durch den gleichnamigen NS-Propagandafilm mit Heinrich George. Als schon Bomben auf deutsche Städte niedergingen und an die Bevölkerung Lebensmittelmarken ausgegeben wurden, verschlang dieser Monumentalfilm (mit 18500  Statisten!!!) 8 ½ Mio Reichsmark. Sieben Wochen nach der Uraufführung des Films wurde das wirkliche Kolberg in einer furchtbaren Schlacht erobert.

Sehenswertes: Kollegiatskirche St. Marien aus dem 14. – 15. Jh., neugotisches Rathaus (nach Plänen von Schinkel, Pulverbastei aus dem 15. Jh. und in der ul. Dubois einen wiedererrichteten Straßenzug mittelalterlicher Handwerkshäuser.

Schön bummeln und Schaufenster gucken kann man in der Fußgängerzone der Altstadt.

 

 

 

An der Promenade steht der sehenswerte Leuchtturm Kolbergs (rechts oben), der schon kurz nach seinem Bau in den späten vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts zu einem Wahrzeichen der Stadt wurde und Symbol des Wiederaufbaus der zu 90 Prozent zerstörten Stadt ist.

Der kurze, breite Stummel und auf einem noch breiteren ehemaligen Festungswehr errichtete Leuchtturm zeigt den Schiffen den Weg in den sicheren Hafen, einen der wenigen an der pommerschen Küste überhaupt. Der 26 Meter hohe Turm hat eine Feuerhöhe von 36,5 Metern, sein Licht trägt etwa 16 Seemeilen weit. Der Turm ist für Besucher geöffnet. Wer das enge Treppenhaus bewältigt hat, auf den wartet auf der Aussichtsplattform ein wunderschöner Blick auf das Treiben im Hafen und am Strand. Über die beiden Molen, die die Hafenzufahrt begrenzen, geht der Blick weit über die Ostsee.

Aber auch sein in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs zerstörter Vorgänger war immer ein Aushängeschild von Kolberg. Unzählige Postkarten zeigen seit 1890 den alten Leuchtturm in vielen Variationen.

Kolbergs auffälligstes Denkmal (rechts unten) steht an der Strandpromenade zwischen Leuchtturm und Seesteg. Das Denkmal der Vermählung Polens mit dem Meer erinnert an die Eroberung Kolbergs durch russische und polnische Truppen am 18. März 1945. Das eine stilisierte Fahne darstellende Denkmal wurde 1963 enthüllt.

In einem Imbiss essen wir frischen Seefisch und stärken uns für die Weiterfahrt. Auf der Straße 11 geht es dann weiter, bis wir linkerhand einen miniMAL Supermarkt entdecken, in dem wir unsere notwendigen Einkäufe tätigen.

Nach einer größeren Parkplatz-Rallye bei dem o.g. Supermarkt starten wir um 14.30 Uhr dann unsere zweite Tourenetappe, die uns erst durch die nicht sehr ansehnliche Industriestadt Köslin führt, von der der Papst seine Polentournee eröffnete, weil es hier auf dem Chelmska-Berg, einer slawischen Kultstätte, eine kleine Kapelle der Zisterzienser gab, die wohl einige religiöse Bedeutung hatte, heute aber nicht mehr existiert.

Von Köslin aus fahren wir auf der Straße 6 weiter. Größtenteils bereits abgeerntete  Getreidefelder, Kartoffeläcker, kleine Wälder und vereinzelte Dörf-chen säumen unsere Strecke bis zur nächsten größeren Stadt Stolp, der Hauptstadt der Großwoiwodschaft Pomorskie, früher „Klein-Paris Pommerns“ genannt.

Stolp (Słupsk). im 11. Jh. erstmals urkundlich erwähnt, gehörte ab 1381 ebenfalls zur Hanse. Zu ihrem schnellen Aufblühen trug vor allem der Bernstein bei, der hier verarbeitet wurde. Im März 1945 wurde die Stadt von den Russen niedergebrannt.

Sehenswertes: Neues Tor (16. Jh., Pfarrkirche St. Marien /14. Jh., vor allem aber das Herzogsschloss (16. Jh.). mit der Johanniskirche (13. Jh.), der Schlossmühle und dem Mühlentor.

 

 

Rathaus von Stolp Neues Tor

Die Böden hier in Pommern sind nicht gerade fett, weshalb die Gegend auch „Streusandbüchse“ genannt wird. Friedrich II., der Große, hat darum in Pommern die genügsame Kartoffel eingeführt, daher kommt – laut Hardy der Name „Pomm Fritz“ für die leckeren Kartoffelstäbchen.

Am späten Nachmittag kommen wir an der Ostseeküste in Höhe der Halbinsel Hel an. Hier wollen wir auf dem Campingplatz Roza Wiatrow, Nr 255 (ca. 1 km nordwestlich von Chlapowo, am Anfang der Halbinsel Hela übernachten. Auf der Promobil-Stellpatz-CD wird ein Swimmingpool auf dem Platz angegeben, auf den ich mich schon gefreut hatte, aber er ist nicht einmal in Form eines Plantschbeckens vorhanden.

Camping Róza Wiatrów (Nr. 255)
ul.
Zeromskiego
PL 84120 Chlapowo

Homepage: http://www.roza-wiatrow.com.pl/

Telefon: 0048-(0)58-6740544

Eigenschaften: Ansprechende Umgebung, ruhige Lage

Zusätzliches: Wohnmobilservice

Anfahrt PKW:

Etwa 1km nordwestlich von Chlapowo.

Nächster Ort:

1km.

Haltestelle ÖPNV:

0,1km.

Der Campingplatz ist sehr schön gelegen - an der Steilküste über der Ostsee. Wenn man die Büsche vor der Umzäunung absäbeln würde, hätte man eine noch bessere Sicht aufs Meer... Über eine Treppe, die etwa 80 m (am Tor links auf den Dünenweg einbiegen) vom Campingplatz entfernt gelegen ist, gelangt man hinunter ans Meer. Nebenan ist übrigens ein weiterer Campingplatz, der eine „unverbaute“ Sicht aufs Meer, jedoch keine Stromanschlüsse bietet. Unsere Herren entscheiden sich für Strom und weniger Seesicht – logisch!

Die Grills werden herausgeholt, ebenso Tische und Stühle, und schon ist eine gemütliche Tafelrunde im Gange, die erst aufgehoben wird, als uns allen die Kälte der Nacht in die Knochen zieht.

 

 

Wir fahren weiter nach

Danzig - Marienburg - Elbing