Polens Nordwesten - Dritter Teil

Elblag-Kanal / Drausensee - Mohrungen - Jezioro Narie - Tannenberg - Beldany-See - Krutynia


27. August 2004

Am späten Vormittag werden wir von einem Kleinbus abgeholt, der uns nach Buczyniec (Buchwalde) bringt, wo wir unser gebuchtes Schiff, die „Kormoran“ besteigen. In freudiger Erwartung der kommenden Erlebnisse nehmen wir auf dem offenen Oberdeck Platz. Vor uns liegen ca. 5 Stunden auf dem Elblag-Kanal und 5 „schiefen Ebenen“, über die unser Schiff gezogen wird.

Es ist ein wirklich besonderes Erlebnis, das man bei keiner Reise durch West- und Ostpreußen versäumen sollte.

Der Elblag-Kanal ist ein technisches Wunderwerk. Vor über 100 Jahren wurde er von dem Ingenieur Jakob Georg Steenke zwecks einer Wasserwegverbindung Ostpreussens (Oberlandes) mit der Ostsee geplant, doch er wartete fast 20 Jahre auf den Baubeginn (1825-1844). Erst als Kaiser .... davon überzeugt werden konnte, dass sein Reich mit diesem Kanal etwas Einzigartiges in Europa besitzen würde, willigte er in den Bau ein, der ca. 8 Jahre dauerte.

Die Hauptattraktion ist das in der Welt einzige funktionierende Rampensystem. Die einzelnen Rampen bringen die Schiffe auf dem Lande je nach Fahrtrichtung nach oben oder unten. Die Wasserspiegel-Differenz ändert sich auf einer Länge von 9,6 km um über 100 m, die das Schiff mit Hilfe der fünf mit Wasser angetriebenen Rampen überwindet.

Die Strecke Miłomłyn-Ostróda wurde offiziell erst im Jahre 1860 eröffnet, obwohl das erste Schiff aus schon im Jahre 1856 von Elbląg nach Ostróda gefahren war. Den letzten Abschnitt des Kanalsystems von Ostróda bis Stare Jabłonki über den Pauzeńskie-See übergab man erst 1873 dem Verkehr.Mit der Eröffnung der Eisenbahnstrecke im Jahre 1872 verlor der Kanal an wirtschaftlicher Bedeutung, aber er diente bis 1912 ausschließlich dem Transport von Holz, Landwirtschaftsprodukten und Industriewaren.

Im 2. Weltkrieg wurden die Kanaleinrichtungen stark zerstört. 1948 wurde der Kanal wieder für regelmäßige Touristenfahrten fahrbar gemacht.

Längsschnitt einer geneigten Ebene

Streckenverlauf

Die Kanaltour von Elblag bis Ostroda dauert ca. 7 Stunden, die kürzere Strecke von Buczyniec nach Elblag etwa 4 ½ Stunden.

Informationen, Reservierung und Tickets: auf dem Campingplatz.

Abfahrt 8.00 Uhr vom Bulvar Zygmunta Augusta in Elbing. Die Reise ab Elblag geht über Druzno (Drausen) See- ein Naturschutzgebiet mit 180 Vogelarten. Gegen Mittag landet man in Buczyniec (Buchwalde), die meisten Touristen beenden hier die Reise.

Wir müssen nicht lange überlegen, welche Tour wir machen werden, denn es gibt sowieso nur noch Tickets von Buchwalde nach Elbing. Um 11 Uhr werden wir am Campingplatz mit einem Kleinbus abgeholt, der uns zum Schiffsanleger in Buchwalde bringt. Um ca.12 Uhr fährt unser Schiff mit dem schönen Namen „Kormoran“ ab. Wir sitzen auf dem Oberdeck und genießen einen herrlichen Blick auf die Landschaft und die erste Rollebene.

Es ist schon ein Erlebnis der  besonderen Art, mit dem Schiff über Land zu fahren. Die Landschaft, die an uns vorüberzieht, ist sehr friedlich und wunderschön, ebenso wie das Wetter – noch. Es ziehen immer mehr Wolken auf und schließlich, etwa nach der Hälfte der Strecke, beginnt es zu regnen. Einige verziehen sich auf das untere Deck, doch Günther und ich harren, unter einem Knirps etwas geschützt, auf unserem Platz mit Panoramablick aus, überwindet, während der „Kormoran“ die letzten beiden Rollebenen überwindet.

Nach den 5 Rollebenen und einigen weiteren Kilometern auf dem Kanal kommen wir zum Drausensee. Hier wird die Pflanzen- und Tierwelt dann wirklich Aufsehen erregend. Kormorane, Reiher, diverse Entenarten und Schwäne bevölkern den See. Man weiß gar nicht, wohin man zuerst schauen soll, der See wimmelt vor Leben. Wir sind fasziniert von dieser traumhaften Natur.

Der Drausensee

Vor tausend Jahren war der Drausensee (jez. Druzno) für seegängige Schiffe jener Zeit noch gut schiffbar, wie der nordische Seefahrer Wulfstan, der um 890 im Auftrag seines Königs Alfred der Große das östliche Baltische Meer kartografierte, berichtete. So konnten zu Beginn der Ordenszeit die beiden großen Kriegsschiffe des Ordens, die „Pilgrim“ und die „Friedland“, den Drausensee befahren und es ist überliefert, dass sie in dessen Fluten unter gingen. Die Schiffbarkeit blieb so bis ins 18. Jh. hinein bestehen.

Der Drausensee nimmt heute eine Fläche von rd. 18 qkm ein. Er ist sehr flach und verlandet seit längerem stark. Es ist äußerst schwierig, direkt an sein Ufer zu gelangen. Für die Schiffe des Oberländischen Kanals, der mitten durch die Schilffelder führt, wird eine 20 Meter breite und 2 Meter tiefe Rinne frei gehalten. Der See ist reich an seltenen Fischen und Wasservögeln und ein Paradies für sonstige Tiere und für viele Pflanzen. Deshalb richtete man hier eines der schönsten Natur- und Vogelschutzgebiete ein. Neben Löffelenten, Tauchern, Rohrdommeln, wilden Schwänen und Schwalben kann man auch als laienhafter Betrachter Kormorane sehen oder sich an den saftigen Wiesen am Seerand erfreuen. Große Bereiche der Seeoberfläche nehmen Seerosenfelder ein.

Das Land in der Umgebung des Drausensees ist sehr flach. Im südlichen Teil liegt mit 1,30 Metern unter dem Meeresspiegel der tiefste Punkt Ostpreußens.

 

 

 Die Stadt Elbing kommt in Sicht (rechts unser Campingplatz).

Wieder in Elbing angelandet, sind wir alle ziemlich ausgehungert und suchen ein Restaurant, in dem wir etwas gegen diesen unangeneh-men Zustand tun können. In der Nähe des Campingplatzes finden wir ein Lokal, das einen guten Eindruck macht und eine wirklich ansprechende Speisekarte zu bieten hat. Allen schmeckt es gut, und so sind wir auch nicht durch den Platzregen zu erschüttern, der uns beim Verlassen des Restaurants überrascht.

 

28. August 2004

Heute fahren wir über Morag (Mohrungen, Heimat des Dichters Herder) nach Kretowiny an den Jezioro Narie, einen wunderschönen See am nördlichen Rand der Masurischen Seenplatte.

Route 5   64,4 Kilometer



ELBING - KRETOWINY

In Morag gibt es außerdem einen PLUS-Supermarkt, in dem man seine Vorräte auffüllen kann. Ich mache in Windeseile meinen Einkauf und flitze zurück zu den 3 Sehenswürdigkeiten, um diese wenigstens einmal in Augenschein genommen zu haben. Immerhin erschien diese Stadt unserem Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker so bedeutsam, dass er hier seine Polenreise begann. Auch wenn Weizsäcker sich bei uns Eingeborenen der Bonner Region seit seiner Stellungnahme für Berlin als Bundeshauptstadt ziemlich unbeliebt machte, so bewundere ich ihn doch für seine Klugheit, auf diese Weise die Verbindung von Polen zu Deutschland bewusst zu machen, denn Herder ist sozusagen der Vater der deutschen Sprachwissenschaft.

Mohrungen (Morag)

Sehenswürdigkeiten:
Barockschloss der Familie Dohna (beherbergt heute das Herder-Museum), schönes gotisches Rathaus aus dem 14. Jh. Mit zwei eisernen Kanonen vor dem Hauptportal, Pfarrkirche aus dem 14. Jh. 

Johann Gottfried von Herder (1744-1803), deutscher Philosoph, Theologe und Dichter, dessen Schriften wesentlich die deutsche Klassik und Romantik beeinflusst und die deutsche Sprach- und Geschichtswissenschaft mit begründet haben. Herder wurde am 25. August 1744 in Mohrungen geboren und studierte an der Universität Königsberg Philosophie, u. a. bei Immanuel Kant. 1764 ging er als Lehrer und Prediger nach Riga und brach 1769 zu einer längeren Reise durch Europa auf, in deren Verlauf er 1770 in Straßburg auch Johann Wolfgang von Goethe kennen lernte. Diese Begegnung zeitigte weit reichende Folgen für das Denken beider Dichter. Herder zählte neben Goethe, Friedrich Schiller und Christoph Martin Wieland, mit dem er ebenfalls befreundet war, zu den bedeutendsten Persönlichkeiten des Weimarer Geisteslebens. Wegweisend für die Anfänge der deutschen Sprachwissenschaft (und als frühes Standardwerk heute noch gültig) war Herders Untersuchung „Über den Ursprung der Sprache“ (1772), in der er sprachliche Phänomene und die Natur des Menschen miteinander in Beziehung setzte. Herder versuchte, den Nachweis zu führen, dass die Naturgeschichte und die Geschichte des Menschen denselben Gesetzen gehorchen und hierdurch widerstreitende menschliche Kräfte der menschlichen Natur miteinander in Einklang gebracht werden können.

 

Rathaus

Dohna-Schlösschen

Pfarrkirche

Gegen Mittag sind wir am  Kretowiny Camping Nr. 247. Der Platz liegt direkt am See, aber unsere Dickschiff-Kapitäne wollen das Risiko nicht eingehen, unter einigen tief hängenden Ästen durchzufahren, um an die Seeplätze zu gelangen. Günther macht das nichts aus, und so stehen wir direkt am See, den wir durch eine niedrige Hecke blitzen sehen. Die Hecke müsste weg... 

In einem Camping-Forum habe ich gelesen, dass es diesen Platz nicht mehr gibt, weil dort Fereinhäuschen gebaut werden. Info

 Jetzt ist erst einmal Schwimmen und Faulenzen angesagt. Am frühen Abend wandern wir hinauf zu unseren Freunden, die auf einer der oberen Terrassen auch recht hübsch stehen. Ulla muss uns dringend was zeigen: Den ultimativen See-Stellplatz mit „unverbautem“ Seeblick. Kaum gesehen, möchten wir da hin. Nachdem ich den Mann für den Stromkasten organisiert habe und dieser uns vom Strom abgekoppelt hat, ziehen wir um auf den Top-Platz. Nä, wat is dat hier schön!

Auf dem ersten Plätzchen war's auch schön...



...aber kann man idyllischer stehen als hier?

29. August 2004

Ein fauler Tag am See. Gegen Mittag gehen die Mädels in die Pilze. Der Spaziergang am Seeufer entlang und in den Wald hinein ist herrlich, die Ausbeute aber kläglich... Drei angenagte Pilze nennen wir gut eineinhalb Stunden später unser eigen.

 

Am Nachmittag drucke ich die Urlaubspostkarten für unsere Freunde / Familie und die daheim gebliebenen RMC-ler.

 

30. August 2004

Am Morgen packen wir unser Womo zur Weiterfahrt und fahren zu unseren Freunden auf die obere Terrasse. Das Telefon klingelt – Susi. Total aufgelöst berichtet sie, dass bei uns zu Hause ein Wasserrohrbruch ist. Die Diele steht unter Wasser, das Wasser strömt im Souterrain durch die Decke in Susis Büro, der Strom ist weg. Ich bin total fertig, will gleich nach Hause. Hardy erklärt zu unserem großen Erstaunen, dass sie die Masurenreise dann auch abbrechen wollen und dann nur noch in den Spreewald fahren würden. Außerdem hätte ja keiner von ihnen eine Karte dabei, sie hätten sich darauf verlassen, hinter uns her zu fahren. Uns klappt der Unterkiefer herunter. Dass die Reise der anderen wegen unseres Dilemmas zu Ende ist, wollen wir natürlich auch nicht. Schließlich haben alle sich auf die Reise gefreut. Nach vielen Telefonaten mit Susi entschließen wir uns dann abzuwarten, was die diversen, von Susi herbei gerufenen Handwerker sagen, und dann zu entscheiden, was wir machen werden. Wir fahren also erst einmal weiter.  Keine Augen mehr für die schöne Landschaft…

Heute haben wir eine größere Reiseetappe vor uns: Über Osterode, Stebark (Tannenberg), Olsztynek (Hohenstein), Szcytno (Ortelsburg), dann ein Stück durch die Johannisburger Heide (Pusczta Piska), vorbei am Jezioro Marksoby, durch die schönen Masurendörfer Babieta, Stare Kietbonki und Zgon bis nach Ruciane Nida am Beldany-See.

Route 6   177,3 Kilometer

KRETOWINY - TANNENBERG - BELDANY-SEE

Osterode

Die ostpreußische Kreisstadt Osterode wurde 1302 gegründet. Stadtrecht erhielt sie im Jahre 1329 mit der Verleihung der Handfeste durch den Komtur Luther von Braunschweig. Die Bestimmungen der Handfeste wurden am 12.Juni 1335 von seinem Nachfolger, dem Christburger Komtur Hartung von Sonnenborn, bestätigt. Osterode liegt an dem kleinen Fluß Drewentz und ist von 12 Seen umgeben. Hier beginnt der 80 km lange Elbing-Osterode-Kanal, für den am 28. Oktober 1844 der erste Spatenstich erfolgte.

Tannenberg / Grunwald

Tannenberg ist als Schauplatz zweier großer Schlachten berühmt. Am 15. Juli 1410 erlitt der Deutsche Orden eine vernichtende Niederlage gegen ein polnisch-litauisches Heer, die den Verfall des Ordens einleitete. Diese Schlacht wird in der polnischen Geschichtsschreibung nach einem Nachbardorf (zu dem Tannenberg heute gehört) auch Schlacht von Grunwald genannt. Sie gehört zu den größten kriegerischen Auseinander-setzungen des Mittelalters. Im 1. Weltkrieg war Tannenberg Schauplatz eines deutschen Sieges über die russische Armee (26.-30. August 1914). Zu Beginn des Krieges fielen russische Truppen in Ostpreußen ein, um die Deutschen von ihrer Offensive gegen Frankreich abzulenken. Nachdem sie einen Großteil der Truppen, die sich dem russischen Gegner nördlich der Masurischen Seenplatte widersetzt hatten, abgezogen hatten, konzentrierten Paul von Hindenburg und sein Stabschef Erich Ludendorff das Gros ihrer Kräfte in einem Angriff gegen General Alexander Samsonow bei Tannenberg, wodurch die russische Invasion gestoppt wurde. Das im Jahr 1927 errichtete Tannenberg-Denkmal wurde 1945 unmittelbar vor dem Anrücken der sowjetischen Armee gesprengt. Heute steht dort ein neues Denkmal aus Granit, das zwei Wächter darstellt, die in verschiedenen Richtungen über das Schlachtfeld schauen. Daneben stehen 30 m hohe stilisierte Lanzen aus Edelstahl mit den Fähnlein der Regimenter, die hier gekämpft haben.

In Tannenberg finden regelmäßig Ritterfestspiele in originalgetreuen Kostümen statt - ein herrliches Spektakel für die Touristen.

Wir durchqueren Osterode, wo 1341 die letzte Komturei des Deutschen Ordens gegründet wurde, haben aber keine Zeit für eine Besichtigung der inzwischen fast vollständig restaurierten Ordensburg. 

In Tannenberg wollen wir uns jedoch die Wiesen und Hügel anschauen, auf denen die furchtbaren Kämpfe von 1410 und 1914 stattfanden. Das Monument sieht man schon von weitem. Ein Disput mit Peter Vino kommt mir in meinem angeknacksten Gemütszustand etwas quer. Ausgerechnet er, der seiner Frau vorher gepredigt hat, bei dieser Reise ginge es um Geschichte und Kultur (man müsse sich dafür interessieren, wenn man in einen so geschichtsträchtigen Teil des früheren Deutschen Reiches führe), lehnt eine Besichtigung dieses Ortes ab - er als Pazifist... Wir stellen die Womos auf dem bewachten Parkplatz ab und spazieren auf die Anhöhe, von der man einen weiten Blick auf die umliegenden Hügel hat – historischer Ort und Schauplatz zweier blutiger Schlachten, in denen viele Männer ihr Leben lassen mussten.

 

Am Weg zur Anlage steht ein 10 m hoher Obelisk aus 265 behauenen Steinblöcken des von Deutschen gesprengten Grunwald-Denkmals in Krakau, auf der Anhöhe ein weiterer Obelisk mit dem Antlitz polnischer Krieger, daneben ein Bündel von Metallfahnen, das die Lanzen der polnischen Reiter symbolisieren soll. Ein Museum (geöffnet von Mai -August täglich von 8 – 18 Uhr; Eintritt 4 PZL) erinnert an eine der größten Schlachten des Mittelalters.

Darstellung der Schlachtordnung

Unsere Strecke führt uns dann nach Hohenstein (Olsztynek) mit seinem Freilichtmuseum (masurisches Dorf, in dem man Einblick in die Lebensweise der masurischen Bevölkerung erhält). Leider haben wir durch die Wasserkatastrophe im Hause Goertz so viel Zeit verloren, dass wir das Freilichtmuseum nun nicht mehr besuchen können. Unsere Freunde sind allerdings sowieso nicht heiß auf eine Besichtigung :-) . Günther und ich haben das Museum vor 10 Jahren gesehen und fanden es ganz informativ.  

Von Olsztynek aus wollten wir eigentlich eine landschaftlich besonders schöne Strecke fahren, doch diese ist wegen Straßenarbeiten für LKWs über 8 Tonnen gesperrt. Nun müssen wir wegen unserer zwei Riesenbabies einen ziemlich großen Umweg über eine mittelmäßig schöne Strecke fahren. Schade. Uns wird immer klarer, dass unsere Bedenken, die wir gleich von Anfang an gegen eine Mitfahrt der Dickschiffe hatten, richtig waren. Aber Pierre hatte sich diese Reise so sehr gewünscht, dass wir es nicht übers Herz brachten, unsere Einwände vorzubringen.

Blick auf Ortelsburg

Bei Ortelsburg (Szytno) mit seinem Jagdschloss der Deutschen Ordensritter gelangen wir dann endlich wieder auf unsere ursprüngliche Route, die uns durch schöne Wälder, kleine Ortschaften und vorbei an blitzenden Seen zu unserem heutigen Ziel, dem Campingplatz Kruska am Beldany-See führt.

Kontakt

Anschrift: Kruska Camping
PL 00-026 Wygryny
Telefon: 0048-(0)87-4231597
Telefax: 0048-(0)87-4236342
Homepage: http://www.horstkruska.com.pl/

Information

Eigenschaften: Ansprechende Umgebung, Gehobener Komfort, Ruhige Lage, Überdurchschnittliche Hygiene, Sehr angenehmer Service
Zusätzliches: Kellerbar, Grillplatz (oder Lagerfeuer) Spielplatz, Wohnmobilservice

Anfahrt / nächster Ort

Anfahrt PKW: Von der Straße 610 zwischen Ukta und Ruciane-Nida beschilderte Abzweigung. Die letzten 400 m auf schmalem Sandweg, auch mit großen Fahrzeugen normalerweise befahrbar..
Nächster Ort: 0,2km.
Haltestelle ÖPNV: 0,3km.

Beschreibung

Mittagsruhe 13:00-15:00 Uhr. Deutsche Leitung (sehr freundlich und hilfsbereit).

Platz ist ein Wiesengelände in wirklich schöner Seelage (bei starkem Regen für große Mobile etwas problematischer Untergrund).

Diesmal haben wir alle Seeblick. Unsere Wagenburg ist schnell aufgebaut, und dann gibt es endlich etwas zu essen. Günther und ich sind nervlich ziemlich angeschlagen wegen unserer heimischen Katastrophensituation. Während der Fahrt haben wir ständig mit diversen Handwerkern und mit Susi telefoniert, die alle notwendigen Aktionen in die Wege geleitet hat, obwohl es ihr gesundheitlich eher schlecht geht.  Wir werden unsere Fahrt nun doch nicht abbrechen, denn unser tüchtiges Kind hat alles im Griff. Gute Stimmung will trotzdem heute bei uns nicht mehr recht aufkommen.

Um 8 erwartet uns Herr Kruska, der deutschstämmige Campingplatzpatrone in der rustikalen Kellerbar zu einem Begrüßungsschluck, bei dem er uns über lohnende Ausflüge und Aktivitäten  in der Umgebung informiert. Garniert wird sein Vortrag mit netten Witzchen, die er in gutem Deutsch erzählt.

 

Im Laufe der Unterhaltung erzählt er, dass er gerne im Winter Urlaub auf Gran Canaria machen würde, weil das Klima seinem Rheuma so gut täte. Ich gebe zum Besten, dass meine Mutter dort ein Häuschen hat, das sie auch vermietet. Schon ist klar, dass wir morgen mit ihr telefonieren werden...

 

31. August 2004 

 

So schön ist es am Beldany See bei Kruska Camping.

Heute wollen wir mit den Rollern nach Krutynnen fahren, wo Herr Kruska eine Bootsfahrt auf der Krutynia für uns organisiert hat. Wärmstens hat er sie uns ans Herz gelegt, unsere Bootsfahrerin Christina, auch Staken-Christina genannt, die in Krutyn im Haus Nr. 8 (Foto unten) wohnt und geradezu einzigartig sein soll. So sind wir alle gespannt auf die Frau, die uns mit ihrem Boot auf dem romantischen Flüsschen staken wird.

   

Textfeld: Christinas Haus in Krutynnen

Sie tritt sogleich aus der Haustür, als wir mit unseren knatternden Gefährten vor dem Haus Nr. 8 anhalten. Auf den ersten Blick weiß man, dass diese Frau ein wirkliches Original ist. Herzlich werden wir begrüßt und durch ihren Garten zum Fluss geführt. Dort liegen einige der flachen Boote bereit. Da wir nicht alle in einen Kahn passen, hat Cristina einen zweiten Bootsfahrer, Uli, angeheuert, der aber kein Deutsch spricht. Egal, das Sprechen übernimmt Cristina sowieso mit einer großen Lebendigkeit und einem anziehenden Humor. Übrigens: Ihr Sohn, der in Deutschland lebt, hat eine schöne Homepage erstellt mit Infos über die Krutynia, seine Schwiegermutter und die kleine Pension, die die Familie betreibt.

Die Fahrt auf dem flachen Flüsschen ist ein Genuss für jeden Naturfreund. Eine Symphonie in Grün, möchte ich diese Flusslandschaft mal in meiner Begeisterung und leicht poetisch angehaucht beschreiben.

Wir werden bis zu einem kleinen See gestakt, wo Christina uns mit einer herrlichen Altstimme das Ostpreußenlied vorsingt. Ich muss gestehen, mir läuft ein Schauer den Rücken hinunter – es ist herzergreifend.

 

Auch ein Gedicht trägt sie uns vor von einem heimwehkranken Masurenflüchtling. Es klingt mir zwar etwas kitschig in den Ohren, aber angesichts der märchenhaften Umgebung ist ein bisschen Kitsch ganz okay.

Zum Abschluss unserer Staktour kredenzt unsere Bootsfahrerin uns in ihrem Garten selbst angesetzten Bärenfang“ (aus 96%-igem Spiritus – sagt sie, Honig und Zitronensaft), den die Frauen interessanterweise besser finden als die Männer (die Schnapsdrossel ist ja auch schließlich weiblich). Sie sagt übrigens nicht, was sie von uns haben will und überlässt es ihren Gästen, wie sie sie entlohnen wollen.

 

Christina mit dem Bärenfang

Witzig fand ich, dass sie erzählte, Herr Kruska habe sie am Morgen gefragt, ob sie mit ihm nach Gran Canaria führe. Also wird auch Christina in unserem Bungalow Urlaub machen. 

Am Abend treffen wir uns alle im Gastraum des Campingplatzes. Wir haben ein masurisches Essen bestellt: Fisch aus masurischen Gewässern und Bigos (Sauerkraut auf polnische Art). 

Als wir den Gastraum betreten, staunen Günther und ich nicht schlecht: An zwei Wänden hängt ein Poster aus Bad Honnef, die „Honnefer Spitzen“, Türmchen von Häusern in unserer Heimatstadt. Wie kommen die Honnefer Spitzen nach Masuren, fragen wir uns.  Ich habe eine Idee. Unser Frederik hatte einen Deutschlehrer am Gymnasium, der Ostpreußenfan ist. Herr Dietrich, gebürtiger Königsberger, wenn ich mich recht erinnere. Er hat mir mal beim Elternsprechtag erzählt, dass er Kanuto- und Fahrradtouren in Ostpreußen unternimmt. Außerdem organisierte er jahrelang Polentransporte mit Hilfsgütern, die er zeitweilig in unserer alten Fabrik am Saynschen Hof zwischenlagerte.  Könnte doch sein, dass er hier war…

an der hinteren Wand die "Honnefer Spitzen"...

Als Herr Kruska hereinkommt, falle ich gleich mit meiner Frage nach den Postern über ihn her, und er antwortet, dass ein guter Freund ihm diese geschenkt hätte. Heißt der Freund vielleicht Dietrich? – Ja, woher wissen Sie das? Na, bitte - bin ich nicht die Enkelin eines Polizeikommissars?

Das bestellte Essen ist nicht schlecht, reißt uns aber nicht vom Hocker. Das Bigos ist ganz lecker – sagt  Günther (ich habe natürlich Fisch bestellt), aber wohl nicht mit der Delikatesse zu vergleichen, die ein Spezialist der polnischen Küche in seiner Rezeptsammlung zum Nachkochen beschrieben hat.

Es geht weiter mit:

Pilze sammeln im Wald - Besuch eines Gestüts in Gałkowo mit Kutschfahrt  - Weiterfahrt über Nikolaiken - Steinort - Rastenburg (Besichtigung der Wolfsschanze) - Swieta Lipka (Besichtigung der Barockkirche) - Jezioro Juno