Mont Saint Michel
Der Mont St. Michel ist ein uraltes Pilgerziel: Seit
mehr als 1000 Jahren strömen die Menschen zu den Reliquien des Erzengels Michael, der an
der höchsten Stelle der Pyramidenkonstruktion thront. Heutzutage besuchen bis zu
einer Million Touristen jährlich das Denkmal.
Sensation heute sind die Souvenirshops und Restaurants, die sich
Drosselgassen-ähnlich entlang der Grande Rue, der einzigen Straße der Gemeinde, zur
Abtei hinauf ziehen. Die Häuser in der Grande Rue stammen aus dem 15. und 16.
Jahrhundert. An ihrem Ende befindet sich St. Pierre, die Pfarrkirche des Ortes. Sie wurde
im 11. Jahrhundert gebaut und ist im Wesentlichen mit ausgemusterten Stücken des Klosters
ausgestattet.
Entstehungsgeschichte
Wahrscheinlich war der Mont-Saint-Michel schon im 6.
Jahrhundert von Mönchen bewohnt.
Eine der zahlreichen Legenden besagt, dass im Jahr 704 der Erzengel Michael
dem Erzbischof von Avranches im Traum erschien und ihn aufforderte, eine Kapelle auf dem
Gipfel des Mont Tombe (Berg des Grabes) zu errichten. Aus der Kapelle wurde eine
Stiftskirche mit 12 Kapitularen.
Zu dieser Zeit wurde durch eine Flutkatastrofe der Mont vom Festland
abgetrennt und zur Insel. Gleichzeitig wurde der Forêt de Sissy, ein riesiges Waldgebiet
zerstört, das einst von Avranches bis nach Dinan reichte.
Nachdem im 10. Jahrhundert die Normannen zum Katholizismus konvertiert
waren und dafür vom französischen König das Herzogtum Normandie zugesprochen bekamen,
stiftete Richard I. im Jahr 966 eine Abtei, die 30 Benediktinermönchen ein zuhause bot.
Die Abtei entwickelte sich zu einem kulturellen und wirtschaftlichen Zentrum und besaß
große Besitztümer.
Im Jahr 1023 wurde mit dem Bau einer größeren Abtei begonnen. Seit dem
Beginn der Normannenüberfälle entstand um die Abtei eine befestigte Siedlung.
Im 13. Jahrhundert stellte das gotische Bauwerk in
schwindelerregender Höhe ein absolutes Wunder dar. Die abermaligen Erweiterungspläne
konnten dann durch den beginnenden Hundertjährigen Krieg mit England nicht realisiert
werden. Der Mont-Saint-Michel wurde 1254 zur königlichen Festung erklärt und blieb
während des gesamten Krieges stets französisch.
Der damalige Abt Robert de Thurigny, einer der geschicktesten Diplomaten
seiner Zeit, versuchte sich erfolglos in der Vermittlung. Statt eines Klosteranbaus wurden
blitzartig Wehranlagen errichtet - mit dem Erfolg, dass der Mont auch in der Folgezeit
niemals eingenommen werden konnte.
Während der Religionskriege begann der Verfall des Mont St. Michel; ein
Abt brannte mit der Klosterkasse durch, das Kloster geriet immer mehr in einen desolaten
Zustand. Im 17. Jahrhundert übernahm der Mauristenorden den Mont, den er reformieren
sollte. Aber auch er bewies wenig Geschick. In der französischen Revolution wurde der
Berg säkularisiert und zum Gefängnis umfunktioniert, was er bis 1863 auch blieb. 1874
wurde er zum schützenswerten historischen Monument erklärt, restauriert und gewann
wieder an Bedeutung. Seit 1966 leben wieder Mönche auf dem Mont St. Michel.
Seit einigen Jahren ist der Mont vom
Verlanden bedroht. Die zwei Kilometer lange Deichstraße, die vor 120 Jahren gebaut wurde,
verhindert, dass u.a. die Schlickablagerungen, die der Cousnon heranträgt, ihren Weg ins
Meer finden. Jährlich werden ausserdem mehr als eine Million Kubikmeter Sand in der Bucht
angeschwemmt, die durch den Straßendamm an Ort und Stelle gehalten werden. Die Sand- und
Schlickschicht um die Insel ist inzwischen 15 Meter hoch.
Seit Königin Elisabeth II von England, die 1970 zusammen mit
Staatspräsident Pompidou zu einem Besuch auf dem Mont war, sich erstaunte, dass dieser
"keine Insel mehr" sei, will man den Damm durch eine Brückenkonstruktion auf
Stelzen ersetzen. Ausserdem sollen die Parkplätze direkt an der Abtei verschwinden und
aufs Festland verlagert werden.
Sehenswürdigkeiten
Abteikirche
Das große Problem beim Bau der Kirche war die Form
des Untergrundes: Der Mont St. Michel ist immerhin ein relativ spitz nach oben laufender
Berg - und die Kirche, die heute dort oben steht ist hundert Meter lang. Es galt also,
einen Untergrund zu schaffen, der groß und stabil genug ist, eine Kirche und Räume für
Mönche und Besucher zu tragen.
Hier ist deutlich die Entwicklung von der Romanik bis zur Spätgotik
erkennbar. Die Kirche wurde 1022 begonnen und war ursprünglich um drei Jochbögen
länger. Das Haupt- und das Querschiff sind in frühromanischem Stil gestaltet. Das
Hauptschiff wurde nach der Eroberung durch die Normannen (William - 1066) vollendet
und diente als Abteikirche der englischen Könige. Die Kirche ruht
auf drei Krypten, diese wiederum auf den Mauern der ebenfalls zur Krypta umgewandelten
alten karolingischen Kirche (Notre-Dame-sous-Terre) aus dem 10. Jahrhundert.
Die ursprüngliche Felsspitze liegt genau unter der
Vierung. Das Lang- und Querschiff mußten durch drei Krypten untermauert werden. Der
spätgotische Chor (1446 - bis 1521 erbaut) hatte einen romanischen Vorläufer, der
eingestürzt ist.
Klosterkomplex
Die dreistöckige "Merveille" (Das Wunder) entstand
zwischen 1211 und 1228, finanziert von den französischen Königen. Der Klosterbau liegt
an der Mordseite und dient quasi als Unterbau der Abteikirche.
Im Erdgeschoss befindet sich der Vorratskeller und der Almosenraum, der
früher als Herberge sowohl für Pilger als auch für Bettler diente. Heute befindet sich
dort ein Devotionalienverkaufsraum (Postkarten etc...). Ausserdem ist dort der Mont im
Modell zu sehen. Diese Etage beherbergt auch den Kerker.
Im 1. Stock befindet sich der Salle des Chevaliers - der
vierschiffige Rittersaal, der das Arbeitszimmer der Mönche war. Dies war der einzig
beheizbare Raum der Abtei. Der Raum konnte durch Wandteppiche aufgeteilt werden. Daneben
liegt der Salle d'hôtel - das Gastzimmer, ein sehr eleganter Raum, der auf Säulen
ruht und mit Tapeten und Wandbehängen und einem bemalten Gewölbe geschmückt war. In
dem 35 Meter langen Saal wurden die Gäste bom Abt empfangen und verköstigt. Ebenfalls in
dem Raum befinden sich zwei Kamine, an denen gekocht wurde und die Latrinen.
Im 2. Stock befindet sich der 1228 gebaute Kreuzgang. Normalerweise befand
sich der Kreuzgang bei den Benediktiern im Zentrum des Klosters. Wegen der besonderen
Verhältnisse am Mont ist es erstaunlich, dass überhaupt noch ein Kreuzgang aufgesetzt
werden konnte. Das größte Problem stellt das Gewicht des Baumaterials dar. Gleichzeitig
ist der Kreuzgang durch seine Lage Stürmen besonders ausgesetzt. Aus diesem Grund besitzt
er ein leichtes Holzdach, das auf zierlichen Doppelsäulen aus rotem Granit ruht.
Kapitelle fehlen.
In der Westarkade befindet sich eine große Öffnung, die für
einen Erweiterungsbau ausgespart wurde. An der Südwand ist der Kreuzgang durch ein
Brunnenhaus (Lavatorium) unterbrochen, dort sind Stufensitze eingelassen, die bei
der Fußwaschung der Mönche durch ihren Abt dienten. Über dem Gastzimmer befindet sich
das Refektorium, das in Fastenzeiten als Speiseraum diente. Der Raum wird durch 59 Fenster
indirekt erhellt.
links: Réfectoires unten: Kreuzgang
Der Mont besaß einen einzigen Zugang,
die Porte de l'avancée, der zudem doppelt abgesichert war. Rechts davon, im Maison
de l'arcade waren die Soldaten kaserniert.
Auf der landabgewandten Seite befinden sich die Abteigärten. Ausserdem
besitzt der Mont im Musée historique eine Wachsfigurensammlung zur Geschichte des
Klosters und eine Muschelsammlung.
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