Zweiter Teil: Über die Adria nach Nordgriechenland


 

18. Mai

Der Morgen steht schon ganz im Zeichen des In-See-Stechens: Man hält Ausschau nach der Fähre, schaut prüfend in den Himmel und aufs Meer hinaus, Günther nimmt eine Tablette gegen Seekrankheit, Ulla lässt Pepe noch ein letztes Häufchen an Land abdrücken, alle sind in freudiger Erwartung der bevorstehenden Seereise.
Gegen 10 geht das Rangieren der PKWs, LKWs und Wohnmobile los, doch es wird fast 13 Uhr, bis unsere Autos endlich im Bauch unseres riesigen Fährschiffes „Blue Sky“ verschwinden. Leider haben wir keinen der begehrten Plätze an einem der Fenster des Camperdecks bekommen, weil wir bereits in Igoumenitsa das Schiff verlassen, während viele der anderen Wohnmobilisten noch bis Patras weiterfahren.  

Das Wetter ist herrlich, und wir suchen uns ein windstilles Plätzchen auf dem Oberdeck, um die ersten Stunden der Überfahrt nach Griechenland in der Sonne zu genießen.

Mit geringer Verspätung verlassen wir den Hafen von Venedig und fahren durch den Canale della Giudecca und den Canale di San Marco aufs offene Meer hinaus. Beim Zurückschauen auf den Hafen staunen wir erneut über die riesigen Pötte, die dort vor Anker liegen: Sie überragen die Häuser von Venedig.  

Zuerst fahren wir durch den Canale di Giudecca und dann zieht noch einmal die Einmündung des Canale Grande, die  Basilica Madonna della Saluta  und die Piazza di San Marco an uns vorüber. Es ist ein wirklich unvergessliches Erlebnis!  


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Schiffsroute durch Venedig

Am Abend setzen wir uns in einen der schicken Salons des Fährschiffes, um unsere Reiseroute vorzuplanen. Angesichts der Phantasiepreise auf der Speisekarte verzichten wir lieber auf den Genuss  von  Verzehrbarem  in  fester  oder flüssiger  Form.  Das können  wir  bei   l ler-Schneiders oder Goertzens besser und vor allem preiswerter bekommen. - Was wir dann auch (jedenfalls bezüglich der Flüssignahrung) wenig später in die Tat umsetzen und den Abend fröhlich beenden.

 

 19. Mai

Am Morgen ist es ziemlich dunkel, als wir die Augen in unserem Womo aufschlagen. Es dauert etwas, bis mir klar wird, dass wir ja im dunklen hinteren Teil des Camperdecks stehen. Geweckt werden wir von einem Geräusch, das sich wie der Alarmton unseres Gaswarngerätes anhört. Es stellt sich jedoch heraus, dass es der quietschende Aufzug für die Lebensmittel ist, die hier auf Deck gelagert sind.

Draußen strahlt die Sonne hell von einem stahlblauen Himmel, als wir uns nach dem Frühstück in unserem Wohnmobil auf dem Oberdeck ein schönes Plätzchen suchen.



Pepe, der frisch gebackene Seehund, ist wohl der Einzige von uns, der sich nicht pudelwohl fühlt - alldieweil er ein spanischer Hirtenhund ist und er mangels eines Hunde-WCs an Verdrückung leidet.

Rechts und links kann man bald  Land sehen - linkerhand die Küste von Albanien und rechterhand schließlich die Insel Korfu mit der imposanten Festung von Kerkyra, bei der das Schiff zum ersten Mal anlandet.

 

Gegen 14 Uhr kommt dann auch der Hafen von Igoumenitsa in Sicht und eine halbe Stunde später verlassen unsere Womos den Bauch der Fähre. Nun sind wir also endlich in Griechenland. 
In Igoumenitsa müssen wir erst einmal tanken und finden zum Glück auf Anhieb direkt an unserer Route eine Tankstelle. Nun kann unsere Reise durch Griechenland beginnen. Das erste Ziel werden wir heute schon erreichen: Die Vikos-Schlucht im Pindos - Nationalpark, der im Nordosten von Epirus liegt.

Route 3: Igomenitsa - Vikos-Schlucht (Monodendri)

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Die Straße schlängelt sich durch eine Gebirgswelt, die uns erahnen lässt, welche Naturschönheiten uns noch erwarten. Es geht steil und kurvenreich bergan,  imposante Blicke hinunter in das unter uns liegende Land wechseln sich ab mit Ausblicken auf die vor uns liegenden Berge des Pindos-Gebirges, das die Landschaften Thessalien und Epirus trennt. Der Pindos erstreckt sich von der Grenze Albaniens aus etwa 160 Kilometer nach Süden und erreicht eine Höhe von 2 480 Metern. Die Pindos-Gebirgskette zählt zu den wundervollsten aber dennoch weithin unbekannten Bergregionen Europas. Sie umarmt zwei Nationalparks, den von der Schlucht Vikos-Aoos und den Naturpark von Walia Kalda. Die einzige bedeutende Straße in ostwestlicher Richtung führt über den Katarapass, den auch wir auf unserer Fahrt zur Chalkidike überqueren müssen.

Schnell kommt man auf dieser Straße nicht voran, aber wir haben ja noch genügend Zeit, im Hellen an unserem Ziel anzukommen.
Hinter Asfáka müssen wir von der gut befahrbaren E 90 rechts abbiegen Richtung Monodendri. Die Straße windet sich steil den Berg hinauf. Von weitem sehen wir bereits die schroff abfallenden Wände der Vikos-Schlucht, an deren Rand  Monodendri liegt. Der "Grand Canyon" Griechenlands - die über zehn Kilometer lange Vikos-Schlucht, durchbricht die zackigen Gebirgsriegel aus Kalk und Dolomit.

Wir durchfahren das kleine Bergdorf (Lebensmittelladen und Taverne), das zu den 46 Dörfern der Zagoria gehört. Diese wurden  um 1400 angelegt, als sich während der Türkenzeit die einheimische Bevölkerung in das Gebirge zurückzog. Zahlreiche Bogenbrücken und Maultierpfade sind Relikte aus einer Zeit, in der es die Zagoria-Dörfer durch Fernhandel mit Konstantinopel zu beträchtlichem Wohlstand brachten.


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Hinter Monodendri kommen wir an eine Weggabelung, bei der wir uns links halten, den Berg hinauf – auf einer ziemlich ungemütlichen Schotterstraße. Es rumpelt und klappert in unseren Schränken – hoffentlich bleibt das Geschirr heil! Der Weg kommt uns ziemlich lang vor, laut Beschreibung sollen es 6,5 km bis zu einem Stellplatz an einem Brunnenhaus sein.

Die Gebirgslandschaft wird nun wirklich atemberaubend: Rechts und links des Weges stehen Steinpyramiden, die wie riesige Blätterteigpasteten aussehen.

Nach einigen auf- und anregenden Minuten auf der Alb- / Traumstrecke (einerseits/andererseits) entdecken wir erleichtert auf der linken Seite des Weges das angekündigte Brunnenhaus und ihm gegenüber eine ziemlich ebene Wiese, auf die man sogar mit unseren großen Womos problemlos fahren kann. Zwei deutsche Wohnmobile stehen bereits dort, und wir gesellen uns zu ihnen. Platz ist genug  auf der grünen Wiese.
Eigentlich wollen wir ja noch bis zum Vikos-Balkon spazieren, einem Aussichtspunkt von dem aus man den besten Blick hinunter in die tiefste Schlucht Europas haben soll. Nach 250 Metern auf unserer Schotterpiste stellen wir jedoch fest, dass wir vermutlich unsere Wegbeschreibung nicht richtig gelesen haben. Es sind noch 1 ½ km bis zum Ende der „Straße“ und von dort ca. 250 m zu Fuß zu gehen. Das ist unserem Hardy dann doch zu stressig, er hört’s und dreht sich auf dem Absatz um: Genug gelaufen! Oh, Levver (das ist ausnahmsweise mal nicht Kölsch - oh Leever wäre die Übersetzung -sondern Saarländisch, und heißt so viel wie: Oh,
Du mein lieber Gott!).

Heute Abend grillen wir und beschließen den Abend gemütlich mit einem Video bei Müller-Schneiders.  

20. Mai

Am Morgen holpern wir mit unseren Womos die restlichen 1,5 km bis zum Ende der Schotterpiste und spazieren dann zum Vikos-Balkon. Ein atemberaubender Blick in die Tiefe belohnt unseren Hardy für den Fußmarsch.

Es ist möglich, die Schlucht in einer 7-8 stündigen Wanderung zu durchqueren, was Günther und ich eigentlich vorhatten, aber wir wollen unseren Hardy nicht schon zu Beginn der Reise schockieren. Außerdem ist es sowieso eigentlich etwas zu heiß zum Wandern.

Ein wenig sehnsüchtig schauen wir aber dann doch hinunter in die Schlucht – das muss wirklich eine wunderschöne Wanderung sein, zumal der Fluss bis Ende Juni noch Wasser führt.

Zurück in unseren Wohnmobilen machen wir uns seelisch gefasst auf die erneute Holperfahrt zurück auf die E 90, die uns erst durch die phantastische Landschaft der Zagoria und dann durch Thessalien, die fruchtbarste Landschaft Griechenlands, zu den Meteora-Klöstern führen wird.



Route 4: Monodendri - Kastraki (Meteora-Klöster)

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Geographisch ist Thessalien ein tief gelegenes Becken, das von hohen Gebirgen umrahmt wird. Durch die weite Ebene fließt der Salambria (in der Antike Peneios). Das Land war in der Antike berühmt für seine üppigen Getreideernten sowie für eine Pferdezucht, die als die beste Griechenlands angesehen wurde. In der griechischen Mythologie war Thessalien die Heimat der Kentauren. Von hier brachen Jason und die Argonauten zur Suche nach dem Goldenen Vlies auf.

1897 war Thessalien der Hauptschauplatz im Griechisch-Türkischen Krieg.

Heute ist die Ebene des antiken Thessalien mit einer Gesamtfläche von über 12 950 Quadratkilometern auf die griechischen Bezirke (Nomoi) Kardhitsa, Larisa, Magnesia und Trikala aufgeteilt. In dieser Region wird im Wesentlichen Landwirtschaft und Viehzucht betrieben.

Die Fahrt dauert sehr viel länger, als wir eigentlich erwartet hatten. Die Straße windet sich steil und oft in Serpentinen durch die sehenswerte Landschaft. Griechische PKWs und LKWs schießen in halsbrecherischen Überholmanövern an uns vorbei. Unsere beiden Männer am Womosteuer brauchen heute wirklich gute Nerven.

Ein von Hardy mit treuherzigem Augenaufschlag versprochener Badestopp an einem kleinen See, an den er sich von seiner letzten Durchquerung dieser Bergwelt zu erinnern glaubt, fällt aus. Entweder der See ist ausgetrocknet oder Hardys Birne - hihi (nein, Euer Ehren, das Letztere streichen wir wohl doch aus dem Protokoll!).

Am Nachmittag kommen wir in Kastraki, dem kleinen Dörfchen unterhalb der Meteora-Felsen, an. Der Campingplatz, den wir auf Hardys Empfehlung ausgesucht haben (er war schon mal hier), heißt Camping Vrachos  und ist einer von mehreren Plätzen in dieser Gegend. Leider ist er ziemlich voll –  mit Recht,  denn er ist ein wirklich schöner Platz – mit Pool, schicken, vor allem sauberen, Sanitäranlagen und herrlichem Panorama.

Mit etwas Glück finden wir noch zwei Plätze für unsere  beiden Riesenbabys.

Nachdem wir uns auf dem Platz zurecht rangiert und häuslich eingerichtet haben, singen wir ein Lob auf die Faulheit und genießen die Sonne und unsere Ruhe.

Am Abend statten wir vier der urigen Camping -Taverne einen Besuch ab und schwelgen zum ersten Mal in diesem Urlaub in griechischen Gaumengenüssen.

Fortsetzung: Die Meteora-Klöster