Golf von Mexiko / Südstaaten

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Gegen 16 Uhr fahren wir weiter in südlicher Richtung, nach Galveston, einer Insel im Golf von Mexiko. Galveston ist ein bedeutender Seehafen, vor allem aber der Tummelplatz der Großstädter aus Dallas und Houston. Hier regierte zwischen 1817 und 1821 der berühmte Pirat Jean Lafitte. Im Jahr 1900 wurde Galveston fast von einem Orkan weggespült, worauf eine gewaltige Seemauer zum Schutz der Insel gebaut wurde.

Die Sandstrände ziehen sich 32 Meilen am Meer entlang. Besonders empfehlenswert sind die Strände südwestlich der Seemauer, weil es hier viel ruhiger ist. Der Campground "Dellanera RV Park" (Tel. 409/740-0390, $ 25), für den wir uns entscheiden, liegt direkt am Sandstrand. Wir haben einen herrlichen "unverbaubaren" Meerblick. Die Luft ist feucht und warm, und irgendeiner macht hier in Galveston mächtig viel Wind!

Es dämmert schon, als wir uns ins lauwarme, leider nur knietiefe Wasser des Golfs von Mexiko stürzen. Keine große Erfrischung, aber wenigstens wieder Meerwasser! Apropos: den Golf von Mexiko hatte ich mir anders vorgestellt: blaues, klares Wasser wie am Mittelmeer oder so – das hier ist braun wie die Nordsee. Da sieht man es wieder: Reisen bildet!

Das Bad hat uns hungrig gemacht, wir wollen etwas essen gehen. Meine Frisur, nach dem Bad liebevoll gestylt, ist gleich wieder hinüber, als wir das Womo verlassen. Kann hier nicht mal einer den Ventilator ausmachen? Ganz in der Nähe des Campgrounds finden wir ein nettes Lokal, wo wir sehr gut speisen.

17. August

Beim Morgenbad im Golf taucht vor uns wie eine massive Barriere ein  Schwarm von großen, schwarzen Fischen auf, die springen und dabei in der Sonne glänzen. Zuerst denke ich, es wäre eine Ansammlung von Holzstücken. Der Wahrheit die Ehre: Bei denen wollen wir nicht unbedingt mitmischen. Also bleiben wir in respektvoller Entfernung und lassen sie nicht aus den Augen.

Unser Frühstück am Meer gestaltet sich relativ anstrengend, da man um den Erhalt seiner Nahrung kämpfen muss: Die Butter fließt in der knallenden Sonne weg, und die Scheibe Wurst oder Käse wird buchstäblich vom Brötchen geweht.

Nach dem windigen Morgenmahl fahren wir weiter. Bis zum Ostende der Insel nehmen die Sandstrände kein Ende, Strandhäuser auf Pfählen reihen sich aneinander, dazwischen einige (wenige) exklusive Hotels. Mit der Fähre setzen wir (kostenlos) über zur Bolivar Peninsula und fahren weiter auf der Küstenstraße 87. Hier liegen viele Ölfelder, vor allem bei Port Arthur sind große Ölvorkommen. Das Landschaftsbild wird geprägt von Bohrtürmen, Raffinerien, Bohrplattformen im Trockendock und Ölpumpen. Günther begeistert sich besonders für eine riesige Bogenbrücke über den Lake Sabine, an dessen Ostufer der Bundesstaat Louisiana beginnt. Nun sind wir also in dem amerikanischen Bundesstaat, auf den ich am meisten ge- spannt war, dem Land der Bayous...

Louisiana hat eine sehr wechselvolle Geschichte erlebt. Zehnmal wechselte es seine Fahne, bis es sich 1863 endgültig den Vereinigten Staaten anschloss. Es unterscheidet sich auch heute noch in vieler Hinsicht von den übrigen Staaten. So basiert sein Rechtssystem nicht auf dem angelsächsischen, sondern auf dem napoleonischen. In meiner Vorstellung war Louisiana immer das Land des Jazz, der Bayous, der säulen- geschmückten Plantagenhäuser und des "Ole Man River", des mächtigen Mississippistromes.

Glückstrahlend registriere ich, dass meine Traumvorstellung sofort Realität geworden ist: Kaum haben wir einen Fuß – meinetwegen auch einen Reifen - auf das Land von Louisiana gesetzt, liegen rechts und links der Straße Seerosenfelder, Sumpfgebiete, blitzende Wasserflächen, grüne Bayous. Ich fotografiere und fotografiere...

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Alles atmet Südstaatenromantik! Die Häuser der Schwarzen - meist eher Holzhütten - befinden sich zum überwiegenden Teil am Rande der Ortschaften und sehen sauber, aber ärmlich aus. Uns fallen die vielen strengen Religionsgemeinschaften hier besonders auf: In jedem Dorf sieht man eine Kirche der Baptisten, der 7-Tage-Adventisten und der Methodisten. Auch katholische Kirchen sind vertreten, jedoch seltener. Es ist Samstag gegen 5, und alles strömt hier in die Kirchen, nachdem in fast allen Gärten der Rasen gemäht wurde, der überall geradezu britisch aussieht.

Wir sind mitten in Acadiana, auch Cajun Country genannt. Dieser Landstrich im südwestlichen Louisiana ist durchzogen von vielen gewundenen, stillen Wasserläufen, den romantischen Bayous (warum heißt das Lied eigentlich "Blue Bayou" – hier sind sie grün), die gesäumt werden von dschungelartigen Wäldern mit von spanischem Moos (spanish moss) und Luftwurzeln behangenen Bäumen, meist Krüppeleichen. Spanish moss ist übrigens eine Luftpflanze, die, wie man uns sagte, gar nicht zur Familie der Moose gehört.

Das Cajun Country wurde Mitte des 18. Jahrhunderts von frankokanadischen Farmern gegründet, die aus Nova Scotia ausgewandert waren. Ihre neue Heimat nannten sie Acadia. Aus den Worten Acadia und Juniors entstand dann der Name, den man ihren Nachkommen gab: Cajuns. In dieser Gegend fanden auch viele Flüchtlinge der französischen Revolution eine neue Heimat (vor allem in St. Martinville).

In New Iberia, das am Bayou Teche liegt ("teche" ist ein indianisches Wort und bedeutet "Schlange" – also: gewunden), finden wir einen Campground an einem wunderschönen Bayou (Belmont Campground, $ 13, Tel. 318/ 369-3252).

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Campground "Belmont" unter Krüppeleichen am Bayou Teche

Wir stehen auf diesem Traumplatz unter einer von vielen riesigen Krüppeleichen, die über und über mit Spanish Moss behangen sind, wodurch alles in ein grünliches Licht getaucht ist. Die Geräuschkulisse erinnert an den Dschungel – es ist fast unheimlich. In dieser Gegend müsste es eigentlich von Mücken wimmeln, denke ich und reibe mich vor unserem Grilldinner im Freien vorsichtshalber mit - laut Günther - "unerotisch" riechender Autan-Milch ein. Doch wir zelebrieren unser abendliches Mahl völlig unbehelligt von stechendem Getier. Zum wiederholten Mal beschleicht mich der Verdacht, dass ganz Amerika mit Gift übersprayt wurde: In 14 Tagen haben wir kaum mal eine Mücke gesehen!

18. August

Unser heutiges Tagesziel ist New Orleans. Für mein Leben gerne hätte ich das Plantationhaus Shadows- on-the-Teche in New Iberia besichtigt, das noch original eingerichtet ist und einer der schönsten Pflanzer- sitze im tiefen Süden sein soll. Aus zeitlichen Gründen müssen wir uns aber entscheiden: entweder das Plantation House oder eine Bootstour durch die Swamps von Louisiana. Schließlich geben wir der Swamps Tour den Vorzug, denn Plantation Houses werden wir auf dieser Reise noch häufiger besichtigen können, aber Alligatoren, die es hier noch in freier Wildbahn geben soll, sicher nicht.

Nachdem wir zwei vergebliche Versuche gestartet haben, eine solche Tour zu buchen (einmal ist der Preis nicht akzeptabel, das andere Mal hätten wir bis nachmittags warten müssen – es ist jetzt tatsächlich Nachsaison), entdecken wir am Highway 90 ein Hinweisschild "Munson’s Swamp Tour". In einer Kneipe erkundigen wir uns danach und haben Glück: Wir werden von hier aus telefonisch angemeldet und erhalten eine genaue Wegbeschreibung. Die nächste Tour soll in einer Stunde beginnen.

Als wir bei World Famous Munson’s Swamp Tours ( http://munsonswamptours.com/ ) ankommen, sehen wir bereits den ersten Baby-Alligator, der träge blinzelnd und unbeweglich im Bayou vor dem Haus liegt. Ausstellungsstück? Günther meldet uns im Haus an. Kurz darauf erscheint unser Tour Guide und Captain mit Frau und Kind.  Er fährt das Boot (ein Pontonboot mit Zeltdach, ohne das man in der Hitze einen Sonnenstich bekommen hätte) mit Geschick durch den mit Wasserpest überzogenen Sumpf. Das Wasser ist sehr niedrig, so dass die ohnehin nur flach im Wasser liegende Schraube des Außenbordmotors häufig in Wasserpflanzen oder dem Sumpfboden stecken bleibt.

Unser Guide weist uns pausenlos auf sehenswerte Pflanzen und Tiere hin:

  • Racoons, die auf seinen Pfiff hin erscheinen und sich ein Leckerchen abholen
  • Egrets, die hier ansässige Reiherart
  • Alligatoren (der älteste und größte ist ca. 100 Jahre alt und 6,5 m lang)
  • Wasserzypressen mit Pfahl- und Luftwurzeln (die Luftwurzeln versorgen den Baum mit Sauerstoff).

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Wir erfahren mit Erstaunen, dass der Fortbestand der Alligatoren in den Swamps von Louisiana bedroht wird von den Racoons und den eigenen Artgenossen, denn beide sind scharf auf die Alligatoreneier. Unser Guide korrigiert auch unsere Vorstellung von den sauberen Waschbären: Sie sind bekannt als Müllfresser.

Der Sumpf ist voller Leben, alles ist in Bewegung. Ein bisschen unheimlich sind uns die großen Krokodile schon, wenn sie in der Erwartung eines Hühnerbrüstchens (zum Dessert gab es Donuts) bis an unsere Bordwand geschwommen kommen und ihr Maul aufreißen...

Nach dieser nervenkitzelnden 2-stündigen Exkursion setzen wir unsere Fahrt in Richtung New Orleans fort. Die Landschaft wird beherrscht von großen Zuckerrohrplantagen (die Zuckerrohrpflanze wird übrigens immer wieder neu gepflanzt, geschnitten, dann abgebrannt). Über die riesige Bogenbrücke Huey Long Bridge fahren wir dann am späten Nachmittag ins Stadtgebiet von New Orleans. Nicht weit davon entfernt liegt der "New Orleans West KOA Campground", den wir uns für unseren Aufenthalt in New Orleans ausgesucht haben (Tel. 504/467-1792, $ 28). Es ist ein ordentlich angelegter Grasplatz, mit gepflegtem Pool, in den wir natürlich sofort hüpfen.

Wir verschwenden keine Zeit, machen uns stadtfein und fahren mit dem Bus (der Bus Stop ist direkt am Campground) bis zur Haltestelle der "St. Charles Avenue Streetcar Line", einer wirklich erlebenswerten Nostalgiebahn (Fahrpreis $ 1,- in abgezählten Münzen – es wird nicht gewechselt).

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Wir fahren mit der Tram durch den Garden District, ein parkähnliches Viertel mit herrlichen alten Villen in gepflegten Parks mit Magnolien, Eichen und Palmen. Hier hatten viele der reichen Plantagenbesitzer, Bankiers und Kaufleute ihre Stadtwohnsitze.

 

Wir fahren mit der Tram durch den Garden District, ein parkähnliches Viertel mit herrlichen alten Villen in gepflegten Parks mit Magnolien, Eichen und Palmen. Hier hatten viele der reichen Plantagenbesitzer, Bankiers und Kaufleute ihre Stadtwohnsitze.

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Die Bahn fährt bis zum berühmten French Quarter ( http://www.frenchquarter.com ), dem historischen Viertel der Stadt.

Wir steigen aus und sind mitten im Trubel der pulsierenden Altstadt: Musik von allen Seiten, die Straßen voller Menschen, urige Jazzkneipen, wunderschöne alte Holzhäuser mit schmiede- oder gusseisernen Balkonen – auch viele Striplokale – "Ausziehgeschäfte", meint Günther.

Zuerst wollen unsere Mägen beruhigt werden. Wir entscheiden uns für ein Lokal in einem romantischen Hinterhof, aus dem uns Live-Jazzmusik entgegenklingt. Das Essen ist schmackhaft (ich habe mir ein Cajun-Gericht mit Shrimps in einer scharfen Tomatensoße, "Shrimps etouffé", ausgesucht, Günther natürlich wieder ein Steak), aber sehr teuer, und die servierten Gerichte sind etwas "für den hohlen Zahn". Typischer Touristen-Nepp, vor dem man hier sicher fast überall auf der Hut sein muss!

Gesättigt und tatendurstig machen wir uns nun auf die Suche nach einer Kneipe, in der noch richtig schöner Jazz gespielt wird (aus vielen Lokalen dröhnen Techno-, House-, Rap- oder Rockmusikklänge). Schließlich haben wir ein Lokal gefunden, das genau unseren Vorstellungen entspricht: Das "Seaport Cafe & Bar", 424 Bourbon Street. Die Jazzband ist schon etwas in die Jahre gekommen und spielt zum Glück (wahrscheinlich seit ihren Jugendtagen) einen original New Orleans-Dixie-Jazz, der uns echt begeistert! Wir bleiben, bis die Band ihre Instrumente einpackt (23 Uhr), obwohl mein Gemahl eine feuchte Hose hat. - Seine Nachbarin zur Linken (ich saß rechts, bitte sehr) mochte ihr Bier wohl nicht mehr. Mir hat dagegen die Spezialität des Hauses, der "Hurricane" phantastisch geschmeckt.

Der Tag war anstrengend, darum nehmen wir uns nun ein Taxi und fahren zurück zum Campground. Mor- gen ist schließlich auch noch ein Tag! Unser schwarzer Taxidriver ist fürsorglich: Er fährt uns auf den Campground bis zu unserem Wohnmobil und leuchtet uns, bis wir im Innern verschwunden sind.

19. August

Morgens fahren wir wieder mit Bus und Streetcar Line nach New Orleans-City. In der Canal Street gehen wir shoppen. Hier gibt es eine Menge Radio-/TV- und Elektroshops, aber auch Textiles wird in großer Aus- wahl angeboten.

Gemütlich schlendern wir zum Mississippi hinunter, weil wir als alte Köln-Düsseldorfer-Rheindampfer-Fahrer natürlich einmal mit einem Steamboat gefahren sein müssen. Wir entscheiden uns für eine 2-stündige Tour mit der "Natchez", natürlich mit Live-Jazzmusik. Kaum sind wir auf dem historischen Schaufelraddampfer, haben phantastische Plätze an der Reling auf dem Oberdeck erkämpft, da bricht ein Wolkenbruch los. Unser Kampf um Sightseeingplätze war vergeblich, denn nun müssen wir uns ins Trockene zurückziehen. Die Dampfertour reißt uns nicht gerade vom Hocker: Zuerst fährt man durch Hafengelände und dann eine Zeitlang landeinwärts. Die Landschaft ist nicht gerade überwältigend. Eins ist sicher: Am Rhein ist es viel schöner! Beeindruckt hat uns aber immerhin die gewaltige Schiffshupe der "Natchez", die der Kapitän beim Ablegen und bei der Landung mehrmals dröhnen lässt.

Nachdem uns der Mississippi wieder freigegeben hat, bummeln wir durch den French Market, der unten am Mississippi liegt, und erstehen für Günther eine witzige Krawatte mit Skiläufern. Seit 200 Jahren wird in diesen Hallen Markt abgehalten, man fühlt sich hier fast wie in Frankreich.

Mit dem Reiseführer in der Hand machen wir uns dann daran, das French Quarter systematisch zu besichtigen:

Vom Washington Artillery Park (wo natürlich Kanonen zu sehen sind) schauen wir auf den Jackson Square, der dominiert wird von der St. Louis Cathedral. Die 1794 erbaute Kathedrale gehört zu den ältesten Kirchen in den Vereinigten Staaten. Im Innern findet man Grabstätten bekannter Persönlichkeiten aus dem New Orleans des 19. Jahrhunderts. An der rechten Seite der Kirche liegt The Presbytère, das eigentlich als Presbyterium gedacht war, aber dann als Gerichtsgebäude genutzt wurde. Das Gebäude links der Kathedrale heißt Cabildo und diente während der spanischen Zeit als Gouverneurssitz.

Weitere Sehenswürdigkeiten des Rundgangs sind:

  • La Laurie House, Ecke Royal Street und Governor Nicholls Street, das auch den Beinamen "Haunted House" hat, weil die Dame des Hauses angeblich mit finsteren Mächten in Verbindung stand und ihre schwarzen Bediensteten gequält haben soll
  • Old Ursulines Convent in der Ursulines Street, das erste Nonnenkloster in Louisiana (Besichtigungen täglich außer montags)
  • die legendäre Preservation Hall in der St. Peter Street, der bekannteste Jazz Club von New Orleans, in der oft weltbekannte Jazzmusiker auftreten (um einen Platz zu ergattern, sollte man spätestens um 19 Uhr dort sein, geöffnet wird um 20 Uhr)
  • Le Petit Théâtre, eines der ältesten kontinuierlich bespielten Theater der USA
  • das Haus Nr. 632 St. Peter Street, in dem Tennessee Williams 1947 seinen Roman "Endstation Sehnsucht" schrieb
  • das Haus Nr. 632 Dumaine Street, Madame John’s Legacy, welches zu den ältesten Häusern im Mississippi-Delta gehört
  • Lafitte’s Blacksmith Shop, Ecke Bourbon Street – St. Philip Street, in dem der berüchtigte Freibeuter Jean Lafitte in einem als Hufschmiede getarnten Laden seine Beute verscherbelt haben soll
  • Quadroon Ballroom, Haus Nr. 717 Bourbon Street, hier wurden kreolische Jungfrauen auf rauschenden Bällen als Mätressen mit reichen weißen Bürgersöhnen verkuppelt
  • das Old Absinthe House, Nr. 240 Bourbon Street, das schon im 19. Jahrhundert eine populäre Bar beherbergte mit einem Schnapsbrunnen, dessen Destillat aus Wermut angeblich Halluzinationen hervorgerufen haben soll.

Nun haben wir uns eine Stärkung redlich verdient, und wir suchen uns für unser Abendessen das meistfotografierte Haus des French Quarters aus: Das Royal Café.

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In der ersten Etage sitzen wir auf dem leicht abschüssigen Balkon hinter dem herrlichen gusseisernen Gitter und posieren für die fotografierenden Touristen auf der Royal Street. Für mich gibt es einen delikaten Crawfish in Creole Sauce und für Günther – na, was wohl: ein Steak. Die Preise sind erstaunlich zivil (preiswerter als am gestrigen Abend). Ein Essen (oder zumindest einen Drink) auf diesem berühmten Balkon sollte man sich nicht entgehen lassen!

Zum Abschluss des heutigen Abends bummeln wir noch einmal durch das French Quarter, während das Nightlife allmählich beginnt. Diesmal fahren wir mit der Streetcar zurück, müssen allerdings an der Endhaltestelle ziemlich lange auf den Anschlussbus warten. Unser schwarzer Busfahrer ist ebenso fürsorglich wie der gestrige Taxifahrer: Er lässt uns nicht am Bus Stop aussteigen, sondern direkt am Eingang des Campgrounds. Das scheint hier System zu haben.

Mit Freude stellen wir fest, dass der Pool noch geöffnet ist. Nach der Hitze des Tages ist es eine himmlische Erholung, in den zwar lauwarmen, aber im Schein der Unterwasserlampen (Luuuxus!) wunderbar blau leuchtenden Fluten zu plantschen. Anschließend gönnen wir unserer Wäsche ein ebensolches Vergnügen, nachdem wir mit einiger Mühe die Bedienung der platzeigenen Waschmaschine und des Trockners einstudiert haben. Während wir geduldig warten, dass unsere Dessous nicht nur sauber, sondern rein werden, planen wir die nächsten Reiseetappen.

20. August

Nach unserem obligatorischen Morgenbad im Pool und einem mütterlichen Telefongespräch mit der Brut in Deutschland satteln wir unseren Hiram. Vorbei am Superdome, dem größten überdachten Stadion der Welt, fahren wir erst über eine Dreh-, dann über eine Hebebrücke und werfen einen bewundernden Blick auf den Causeway, der mit 24 Meilen Länge eines der längsten Brückensysteme der Welt ist und den Lake Ponchartrain überspannt. Unsere Fahrt wird weiterhin von im Sonnenlicht blitzenden Bayous, Swamps und vielen Brücken begleitet.

Einige Meilen nordöstlich von New Orleans beginnt der Staat Mississippi, wo wir bei Bay St. Louis wieder an den Golf kommen. – Und siehe da: schneeweißer Sandstrand – kilometerlang. Günther mag aber noch nicht stoppen (ich muss ins Wasser!!!!), wir müssen Strecke machen. Zu allem Übel führt die Straße nun von der Küste fort! 

Unsere Visite in Mississippi endet schon nach einigen Meilen. Wir sind nun - zumindest für ein knappes Stündchen - auf den Straßen des Staates Alabama unterwegs. Bei Pensacola sehen wir endlich wieder das Meer. Wir biegen ab, um einer der Stadt vorgelagerten Insel einen Badebesuch abzustatten (in Richtung Pensacola Beach oder Fort Pickens fahren) und sind anfangs sehr enttäuscht: Strandhäuser, Hotels, alles ziemlich trostlos, da nachsaisonmäßig verlassen. Dann plötzlich erstrecken sich vor uns nur noch ein endloser schneeweißer Sandstrand, von niedrigem Grün bewachsene Dünen und ein türkisfarbenes Meer mit sanft rollenden Wellen. Herz, was willst du Meer, nein, mehr? - Immerhin sind wir ja nun auch im Staate Florida angelangt!

Es ist fürwahr ein American Dream – Freiheit, Weite (außer uns nur zwei weitere Menschen am Beach, die wir in einiger Entfernung sichten), unbegrenzte Möglichkeiten (hier bleiben oder nicht), Gleichheit (na ja, wenn man davon absieht, dass mein Womo-Boss das Sagen hat) und Brüderlichkeit sowieso (meinetwegen auch Schwesterlichkeit, liebe Freundinnen, falls Ihr den Bericht lesen solltet).

Es ist jammerschade, aber wir müssen das Paradies wieder verlassen und rollen weiter auf der küsten- nahen Interstate 98, wo wir – wow! – eine riesige Mall mit –zig Factory-Outlet-Shops sichten. Hey, Boss, ich brauch‘ mehr Geld! Bummeln ist angesagt! Ich brauche d r i n g e n d schwarze Shorts!!! Wir jagen von Shop zu Shop. Gibt es denn in Amerika keine schicken, schwarzen und obendrein billigen Shorts??? Eine einzige entdecken wir: Donna Karan N.Y., 40% heruntergesetzt, aber leider immer noch $ 59 teuer. Ich nehme sie, auch wenn das in meinen Augen kein Schnäppchen ist, aber ich will den Kindern daheim mit meinem Einkauf im Donna Karan Company Shop imponieren! T-Shirts für die Kinder finde ich nicht. Entweder die Größe stimmt nicht oder das Design. Günther meint philosophisch: "Was wir brauchen, kriegen wir nicht, und was wir kaufen, brauchen wir nicht..."

Als wir weiterfahren, ist es schon dunkel. Plötzlich taucht eine Straßensperre vor uns auf – Umleitung wegen eines Unfalls. Günther fragt eine herumlungernde Polizistin nach dem Umleitungsweg nach Panama City Beach, wo wir nächtigen wollen. Sie zeigt auf den vor uns fahrenden Wagen: "Follow that guy, it’s just where he’s going." Es folgt eine hollywoodreife nächtliche Verfolgungsfahrt à la Miami Vice oder Magnum oder Kojak – jedenfalls wüst! Wider Erwarten erreichen wir P.C.B. und finden unseren anvisierten KOA-Campground, dessen Pool defekt ist (morgen kommt 'ne neue Pumpe...), was uns aber nicht stört, da wir ja morgen früh im Meer baden wollen. Diesen Campground können wir übrigens nicht empfehlen! Early to bed this evening.

21. August

Panama City ist kein Pflaster für uns – Nachsaison-Kirmes mit Bungy-Springen, Lichtreklamen, billigem Nightlife. Selbst der weiße Sandstrand und das blaue Meer wirken schmuddelig. Unser Bad nehmen wir lieber woanders! Wir steuern die Apalachicola Bay an (hier beginnt eine neue Zeitzone) mit der vorgelagerten St. George Island, an deren Ostspitze sich ein State Park mit camp facilities (Tel. 850-927-211,     $ 15) befindet.

Der kleine Schlenker hat sich gelohnt: Die Insel ist zauberhaft schön, fast karibisch, mit schneeweißem feinen Sandstrand, grünem Pinienwald, türkisblauem Meer. Der Campground und die Strandeinrichtungen sind sehr sauber und gepflegt und passen wunderschön in die Landschaft (alles aus Holz). Der Strand ist nur sehr dünn bevölkert, und es ist paradiesisch ruhig!

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Spontan entscheiden wir uns, hier nicht nur einen Schwimmstop einzulegen, sondern bis zum morgigen Mittag zu bleiben.

Nach einem herrlich trägen Nachmittag am Beach freuen wir uns auf unser Grilldinner im Pinienwald. Während die baked potatoes vor sich hin backen, sitzen wir vor dem Womo, lesend, Karten und Tagebuch schreibend. Es raschelt... - ein Waschbär steht vor uns, stellt sich auf die Hinterbeine, schnüffelt am Tisch. Wir füttern ihn mit Brotresten vom Vortag, und er ist ganz zutraulich.

Die Nacht bricht früh herein, mit ihr kommen Mücken (also doch) – wir flüchten ins sichere Wohnmobil.

22. August

Ein Morgengewitter weckt uns. Eine Stunde später, als wir draußen frühstücken, ist der Himmel wieder leuchtend blau. Unser kleiner Freund lässt sich nicht blicken, dafür sitzt ein flötendes Vögelchen über uns im Baum und beginnt mit Günther eine rege Konversation (wer sagt, dass Günther nicht gut amerikanisch spricht?).

Bis zum späten Mittag genießen wir das Strandleben in vollen Zügen, dann geht’s weiter Richtung Osten. Ein Einkauf im Supermarkt hält uns etwas auf, und so kommen wir leider erst im Dunklen auf Amelia Island an, einer kleinen Insel im Nordosten Floridas.

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